Viel Qualm und Lärm um fast Nichts

Frank Witzels „Die Erfindung der RAF“ an der Schaubühne adaptiert

Sicher: Wenn man einen 800 Seiten-Wälzer auf einen knapp zweieinhalbstündigen Theaterabend eindampfen will, geht zwangsläufig viel von der ausuferenden Detailverliebtheit der Vorlage verloren.

Aber ein so schwaches Ergebnis, wie es Armin Petras bei seiner Co-Produktion der Berliner Schaubühne und des Schauspiels Stuttgart ablieferte, ist dann doch eine negative Überraschung.

Was bleibt von diesem Abend, wenn sich der bei Petras-Inszenierungen fast schon obligatorische Zigarettenqualm gelichtet hat und die Trommelfell-Attacken der Live-Band „Die Nerven“ nachgelassen haben?

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Dann bleibt vor allem die Frage: Hatte Armin Petras nicht mehr Zeit oder schlicht keine Lust, einen ordentlichen Theaterabend auf die Bühne zu bringen? SPIEGEL Online vermutete: Beides.

Zwischen den dichten Schwaden aus Qualm und Trockeneis turnen die Darsteller über die Bühne, die ansonsten noch mit einer ganzen Armada aus Schaufensterpuppen zugestellt ist. Die in einem Aggregatszustand zwischen zähflüssig und dünnsuppig vorgetragenen Witzchen erreichen nicht das Format der Roman-Vorlage „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ und sorgen für mehr Lacher auf der Bühne als im Publikum: ein ganz schlechtes Zeichen. Nicht nur der Tagesspiegel hatte das Gefühl, dass vieles aus früheren Petras-Inszenierungen seltsam bekannt ist.

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Vom Zeitkolorit der späten 60er Jahre ist wenig zu spüren. Wenn die Schwarz-Weiß-Video-Einspieler und der kurze Moment nicht wären, als Jule Böwe, Julischka Eichel, Paul Grill und Tilman Strauß wie die „Kommune I“ nackt vor der Wand posieren, könnte dieser Abend fast zu jeder beliebigen Zeit spielen.

Es ist schade, dass die Adaption von Frank Witzels Roman an diesem Premierenabend scheitert. Noch schlimmer ist aber, dass diese missglückte Inszenierung bei denen, die den Deutschen Buchpreis-Gewinner aus dem Herbst 2015 noch nicht gelesen haben, kaum Lust wecken wird, die Lektüre nachzuholen.

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Bilder: Thomas Aurin

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