Zur Eröffnung des Theatertreffens 2016: „Schiff der Träume“
Karin Beier bezeichnet ihre Inszenierung „Schiff der Träume“ im Untertitel als „Ein europäisches Requiem nach Federico Fellini„.
Die erste Hälfte ist zum Gähnen. Erschreckend ideenlos schleppt sie sich dahin. Ein paar Slapstick-Nummern, Sprachfehler und Kalauer, ansonsten zu viel Leerlauf. Ein Orchester hat sich auf einem Kreuzfahrtschiff versammelt, um den letzten Willen seines Dirigenten zu erfüllen, seine Asche auf hoher See zu bestatten.
Die zweite Hälfte wird leider nicht besser, sondern scheitert beim hilflosen Versuch, mit Klischees zu spielen. Auf dem Oberdeck macht sich plötzlich eine Gruppe schwarzafrikanischer Schiffbrüchiger breit und fordern ihren Anteil am Wohlstand.
Aus dieser Grundidee könnte man – vor allem angesichts der Flüchtlingsdebatte des vergangenen Jahres einiges machen. Aber Karin Beier lässt ihre Ensemble-Mitglieder und die Performer, die zum großen Teil schon in Projekten von Monika Gintersdorfer/Knut Klaaßen mitgewirkt haben, in einer beliebig zusammengeschusterten Folge harmloser Nümmerchen ohne kabarettistischen Biss das Aufeinanderprallen von Einheimischen und Flüchtlingen durchspielen.
Das Ganze endet nach mehr als drei Stunden mit dem berühmten Merkel-Zitat „Wir schaffen das“ von Lina Beckmann und nicht weniger platten Anspielungen auf Frontex und Triton. „Schiff der Träume“ scheitert krachend an der Messlatte, die Nicolas Stemann vor einem Jahr bei der Theatertreffen-Eröffnung mit „Die Schutzflehenden“ hoch gelegt hat.
Über die Einladung zum Theatertreffen wundert man sich noch mehr, wenn man die harsche Kritik von Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung nach der Premiere am Deutschen Schauspielhaus Hamburg am 5. Dezembeer 2015 aus dem Archiv holt. Immerhin handelt es sich bei Herrn Briegleb um ein Mitglied der Jury, die in langen Sitzungen über die Auswahl der zehn bemerkenswertesten Inszenierungen des Jahres beraten. Seinem Urteil, dass der Abend zu holzschnittartig ist, muss ich mich anschließen, innerhalb der siebenköpfigen tt-Jury konnte er sich aber offensichtlich nicht durchsetzen.
Bilder: © Matthias Horn