The Lobster

Yorgos Lanthimos seziert in seinem Film die Dating-Kultur

„The Lobster“ ist der richtige Film für alle, die von zuckersüßen Hollywood-Mainstream-Produktionen die Nase voll haben: Boy meets Girl. Nach einigen Schwierigkeiten finden sie doch zueinander und gehen händchenhaltend dem Sonnenuntergang entgegen.

In seiner tiefschwarzen, streckenweise auch brutalen Parabel rechnet der griechische Regisseur mit den strengen Ritualen der amerikanischen Dating-Kultur und den beschriebenen Kitsch-Phantasien aus der Kino-Traumfabrik ab.

Mit den Adjektiven „bizarr“ und „befremdlich“ hat SPIEGEL Online den Film belegt, als er auf dem Festival in Cannes 2015 die Kritiker begeisterte und von der Jury mit dem Regie-Preis belegt wurde.

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Verständlich, dass die Verleihfirmen den Film nur mit sehr spitzen Fingern anfassten. Am 1. und 2. Dezember 2015 wurde „The Lobster“ beim „Around the world in 14 films“ in Berlin präsentiert, auch über andere Festivals tourte der Film ab. Aber auf einen Kinostart warteten wir vergeblich. Als schon fast niemand mehr damit rechnete, startete „The Lobster“ am 23. Juni 2016 mitten im Fußball-EM-Trubel doch noch in einigen Kinos.

Die Hauptfigur David (gespielt von Colin Farrell, der sich eigens einen Waschbärbauch zugelegt hat) landet in einem Hotel, das sich als „Straflager für Singles“ (ZEIT Online) entpuppt. Die Direktorin Olivia Colman (eine britische Schauspielerin, die bisher vor allem aus Serien bekannt ist) verkündet mit größter Selbstverständlichkeit die absurden Regeln dieses Hauses. Wer nicht binnen 45 Tagen den Partner/die Partnerin seines Herzens findet, wird in ein Tier seiner Wahl verwandelt: David hat sich für den titelgebenden Hummer/Lobster entschieden. Bis zur Hälfte des Films hat er seinen Bruder im Schlepptau, der an der Partnersuche gescheitert ist, deshalb in einen Hund verwandelt wurde und von einer Frau (Angeliki Papoulia) qualvoll totgetreten wird.

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Die zweite Hälfte des Films spielt in einer ebenso albtraumhaften Gegenwelt: hier führt die namenlose Anführerin (Léa Seydoux) einer Waldschrat-Aussteiger-Gruppe ihr unerbittliches Regiment: Flirten oder gar verlieben ist strengstens verboten und wird drakonisch bestraft.

Der sperrige Film verlangt seinem Publikum einiges ab, einige verließen kopfschüttelnd und irritiert darüber, dass er nicht ihren Sehgewohnheiten entspricht, den Saal.

Wer sich dennoch auf den Film einlässt, hat die Chance, einen spannenden Regisseur  kennenzulernen, der 2009 mit dem herausragenden Film „Dogtooth“ begeisterte und neben Athina Rachel Tsangari für das sehr lebendige, rebellische griechische Kino prägt. In diesem Film, der in Irland und Großbritannien produziert wurde, arbeitete er erstmals mit internationalen Stars zusammen.

Bilder: © Images courtesy of Sony/Park Circus


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