Milo Raus „Five easy pieces“ sind auf der ersten Ebene eine Reflexion über ein verwundetes Land. Im Zentrum des Abends steht der Kindermörder Marc Dutroux. Als im Sommer 1996 missbrauchte und anschließend getötete Mädchen in seinem Keller und Garten gefunden wurden, erschütterte ein ganzes Land die Frage, ob nicht auch höchste politische Kreise in diesen Pädophilie-Skandal verstrickt sind.
Vom Fall Dutroux zieht der Abend eine direkte Querverbindung zum Kolonialismus: Dutroux ist tatsächlich als Sohn eines Lehrerpaares im Kongo aufgewachsen, als Patrice Lumumba das Land in die Unabhängigkeit führte und kurz danach ermordet wurde. Auch dieser Name fällt in den Monologen häufiger.
Im Epilog kommt das Stück bei den Brüsseler Terroranschlägen vom März an, die aber nur kurz gestreift werden.
Auf einer zweiten Ebene verhandelt die Co-Produktion von CAMPO und Raus International Institute of Political Murder (IIPM) die Frage, wie Theater vom Grauen des sexuellen Missbrauchs erzählen kann. 8-13jährige schlüpfen in Mini-Reenactments in die Rollen der gequälten Kinder, der schockierten Polizisten und trauernden Eltern. Der einzige Erwachsene auf der Bühne ist Peter Seynaeve, der meist im Hintergrund an seinem Schreibtisch als zynischer Casting-Direktor agiert.
Der Abend erstickt an seinem wie am Reißbrett entworfenen Konzept, im Programmheft ranken sich zu viele Phrasen um Raus Grundidee. Auf der Bühne erreichen die „Five easy pieces“ nicht die berührende Kraft stärkerer Milo Rau-Abende wie „The Dark Ages“.
An den Kindern liegt es nicht, dass dieser Abend nicht gelingt. Sie machen ihre Sache gut, werden aber alleingelassen.
Bildrechte: Phile Deprez
Update vom 7. Februar 2017: Die Inszenierung wurde zum Berliner Theatertreffen 2017 eingeladen.
Pingback: Empire – Das Kulturblog