Nocturnal Animals

Mitten in der durchgestylten, selbstoptimierten Glamourwelt von L.A. schwabbelt das Fett. Die ersten Bilder des Films „Nocturnals Animals“ zeigen stark übergewichtige Burlesque-Tänzerinnen, die ihre Arme und Beine schlenkern lassen und sich im Kreis wiegen. Die Frauen sind Teil einer Kunstinstallation, mit der die Galeristin Susan (Amy Adams in ihrer zweiten aktuellen Hollywood-Hauptrolle neben „Arrival“) die abgebrühten Hipster aus der Reserve locken will.

Der Modedesigner und Regisseur Tom Ford erzählt von Susans emotionalen Leere: ihr Mann ist mit der Geliebten unterwegs, ihr Job und die gesamte oberflächliche Kunst-Schickeria öden sie an. Als sie einsam in ihrem Luxus-Heim sitzt, bekommt sie von ihrem Ex-Mann Edward (Jake Gyllenhaal) ein Manuskript zugeschickt, das sie in ihren Bann schlägt.

Dieser „Roman im Film“ schildert einen brutalen Doppelmord und der Vergewaltigung von Mutter und Tochter im texanischen Nirgendwo. Regisseur Tom Ford ist in dieser Gegend aufgewachsen, bevor er sich in New York in der Modeszene etablierte, zunächst als Gucci-Kreativdirektor arbeitete und später mit eigenem Label unabhängig machte. Vor sieben Jahren gab er mit der Christopher Isherwood-Verfilmung „A Single Man“ sein Regiedebüt.

Für seinen zweiten Film adaptierte er den Thriller „Tony & Susan“ von Austin Wright, der 1993 erschien und dessen Neuübersetzung 2012 vom SPIEGEL gelobt wurde. Dennoch ist das Buch hierzulande nicht sehr bekannt. Mit stilisierten, brutalen Bildern zeigt Ford, wie Romanfigur Tony (ebenfalls von Jake Gyllenhaal gespielt) seine Frau und seine Tochter verliert, als er Ray Marcus (Aaron Taylor-Johnson) in die Falle geht. Gemeinsam mit dem alten kettenrauchenden Sheriff (Michael Shannon), dessen Lungenkrebs bereits so viele Metastasen gebildet hat, dass sein Tod nah ist, versucht er, die Täter  zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen.

NOCTURNAL ANIMALS

Ford lässt die beiden Handlungsstränge parallel laufen, so entsteht ein Hybrid aus dem Melodram einer Frau, die an ihrer gegenwärtigen Situation leidet und ihrem Ex, von dem sie sich vor zwanzig Jahren trennte, nachzutrauern beginnt, und einem düsteren Noir-Thriller von einer wohlhabenden Familie, die massakriert wird.

Während die US-Fachpresse von Hollywood Reporter bis Variety recht wohlwollend urteilte, ernteten die „Nocturnal Animals“ in Deutschland viel Ablehnung. Die Süddeutsche Zeitung ärgerte sich, dass der Film nur eine „Aneinanderreihung von Fotoshooting-Sessions für Hochglanzmagazine“ sei. Differenzierter urteilte die FAZ, dass die beiden Handlungsstränge kein stimmiges Ganzes ergeben: „Er erzählt eine Geschichte und dann noch eine, aber er bringt sie nicht zusammen.“

Der Thriller-Plot erreicht zwar nicht die Qualität eines David Lynch, ist aber durchaus packend erzählt. Am Ende kippen die „Nocturnal Animals“ aber zu sehr ins Melodramatische.

„Nocturnal Animals“ hatte seine Premiere im Wettbewerb des Festival von Venedig im September 2016, ging dort aber leer aus. Aaron Taylor-Johnson wurde bei der bei der Golden Globe-Verleihung 2017 als „Bester Nebendarsteller“ ausgezeichnet, Tom Ford war in der Kategorie „Beste Regie“ nominiert.

Der Film startete am 22. Dezember 2016 in den deutschen Kinos. Webseite und Trailer

Bilder: ©Universal Pictures International

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert