Silberner Bär: Ana, mon amour

Der letzte Film im Berlinale-Wettbewerb 2017 war Ana, mon Amour.

Das rumänische Kino brachte im vergangenen Jahrzehnt einige veritable Festival-Hits hervor, darunter z.B.“Mutter & Sohn“ von Călin Peter Netzer, der 2013 den Goldenen Bären gewann (Kritik). Auch sein neuer Film avancierte schnell zum Kritikerliebling und wurde als ein Favorit für den Goldenen Bären gehandelt.

Dieses Drama wird es im Kino dennoch schwer haben. Es ist ein typischer Festivalfilm, der seinem Publikum eine ganze Menge zumutet – und dies gleich im doppelten Sinn. Erstens schildert er sehr detailliert die Panikattacken von Ana (Diana Cavallioti), einer jungen Studentin. Ihr fürsorglicher Freund Toma (Mircea Postelnicu) kümmert sich fast bis zur Selbstaufgabe um seine psychisch kranke Partnerin.

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Das ganze Leid dieser Paarbeziehung inklusive einer Debatte über eine Abtreibung wird den Zuschauern in epischer Breite zugemutet. Die rbb-Kritikerin beschrieb diese Facetten des Films sehr treffend als „Therapiestunde über Symbiose, Co-Abhängigkeit, Selbstaufgabe und Selbstbefreiung“, die sich bestimmt nicht jeder zumuten möchte.

In der ersten Hälfte gibt es immerhin einige skurrile Dialoge, die das Drama als „comic relief“ auflockern und vom Publikum im Friedrichstadt Palast dankbar und geradezu erleichtert aufgenommen wurde.

Der zweite Grund, warum dieser Film nicht zum Publikumshit taugt, aber von manchen Cineasten bejubelt wird, liegt in seiner Struktur. Der Regisseur dachte sich gemeinsam mit seiner Cutterin Dana Bunescu ein Verwirrspiel aus. Sein Film springt mit schnellen Schnitten zwischen den Zeitebenen hin und her: eben noch sehen wir das frisch verliebte Paar und den Hauptdarsteller in voller Lockenpracht, dann liegt er – inzwischen recht kahl geworden – auf der Couch seines Therapeuten und analysiert seine Triebe und Träume. Netzer macht sich einen Spaß daraus, sich neben der ausführlichen Rolle, die Freud in diesem Film spielt, munter durch die Kulturgeschichte von Nietzsche bis Breton zu zitieren.

Dass dies polarisiert, ist geradezu vorprogrammiert. Die FAZ kritisierte: „In „Ana, mon amour“ weiß man am Ende nicht mehr, welchen Bildern man glauben soll.“ Die Berlinale-Jury war von dem Verwirrspiel angetan und zeichnete ihn wegen seines raffinierten Schnitts mit einem Silbernen Bären für „eine herausragende künstlerische Leistung“ aus.

Bilder: Internationale Filmfestspiele Berlin

 

 

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