Almut Lustig gibt den Rhythmus mit ihren Drums vor. Dimitrij Schaad sitzt im lila Anzug still in seiner Ecke und guckt sich das dysfunktionale Leben seiner Familie recht teilnahmslos an: der Vater ist abwesend, die Mutter torkelt und stolpert betrunken.
In der ersten Hälfte des knapp zweistündigen, pausenlosen Abends erzählt Schaad in der Rolle des Arda von den Schwierigkeiten eines Jungen mit türkischen Wurzeln, in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen. Er ist hier geboren, spürt aber, dass er doch nicht dazugehört. Sehr drastisch macht ihm das Herr Kozminski (Aram Tafreshian), der Sachbearbeiter mit polnischem Akzent in der Ausländerbehörde deutlich. Hämisch verweigert er ihm den deutschen Pass, verlangt immer neue Unterlagen, wie z.B. die Teilnahmeurkunde der Bundesjugendspiele in der 7. Klasse.
Das Gorki Theater bleibt auch in der letzten Premiere dieser Spielzeit auf der großen Bühne seinen Themen treu: die Suche nach Identität, dem Grübeln über deutsche, türkische und deutsch-türkische Befindlichkeiten. Auch wenn der Text „Get Deutsch or Die tryin'“ des Studioleiters und Hausdramaturgen Necati Öziri, der im Rahmen der Schreibwerkstatt zum Thema „Flucht, die uns bedingt“ und pfiffig auf „50 Cent“ anspielt, neu ist, wirken die einzelnen Zutaten doch allzu vertraut. Der Abend entwickelt keine eigene Sprache, sondern schwingt im gewohnten Gorki-Sound.
Im zweiten Teil blendet der Abend zurück auf die Hochzeit von Adars Eltern (gespielt von Pinar Erincin und Taner Sahintürk). Regisseur Sebastian Nübling, der für kraftvolle, körperbetonte Choreographien bekannt, lässt den Abend in eine revuehafte Parodie des Kennenlernens und der Hochzeit zerfasern. Arda alias Dimitrij Schaad darf einige spitze Bemerkungen einwerfen, bevor er zu einem larmoyanten Schlussmonolog ansetzt. Die Bühne versinkt im Schwarz, nur noch die Drums sind zu hören. So endete ein Abend, dem der von Nübling erwartete Drive und die erhoffte Würze fehlten.
Bild: Esra Rotthoff