Arthur & Claire

Zwei Lebensmüde stromern gemeinsam durch die Nacht von Amsterdam. Aus dieser Grundkonstellation zaubern Miguel Alexandre und sein Co-Autor und Hauptdarsteller Josef Hader einen traurig-schönen Film.

„Arthur & Claire“ gehört zwar nicht zu den großen Filmen des Kinojahres, die man auf keinen Fall verpassen sollte, ist aber durchaus sehenswert. Seine Stärke ist, dass er die Balance wahrt: Hader-typischer schwarzer Humor, Wiener Schmäh und kleine, giftige Bonmots auf der einen Seite. Berührende, stille Momente, wie sie den hier verhandelten Themen Suizid und Sterbehilfe angemessen sind, auf der anderen Seite.

In der ersten Szene erleben wir Hader als grantelnden Fluggast, der es aber als einziger versteht, das nervig-hyperaktive Kind, das vor ihm sitzt, in die Schranken zu weisen. Langsam wird klar, wohin Arthur reist: Ein befreundeter Arzt (Rainer Bock) will ihm, da er an Lungenkrebs leidet und Angst davor hat, qualvoll zu ersticken, mit einer tödlichen Spritze beim Suizid assistieren. Als Arthur nach einem Vorbereitungsgespräch in der Klinik abends allein in seinem Hotelzimmer sitzt und bei einem schönen letzten Essen um die richtigen Worte für einen Abschiedsbrief an seine Familie ringt, stört ihn lauter Metal aus dem Nachbarzimmer. Dort bereitet sich Claire (Hannah Hoekstra) darauf vor, sich mit einer Überdosis Tabletten in der Badewanne das Leben zu nehmen. Sie hat es nicht verkraftet, dass ihre kleine Tochter bei einem Autounfall starb, bei dem sie am Steuer saß.

In den ersten Minuten reagieren die beiden Fremden sichtlich genervt aufeinander. Als sie sich zu öffnen beginnen und sich gegenseitig ihre Geschichten erzählen, entsteht langsam eine Leidensgemeinschaft zweier Verwundeter, die ihres Lebens überdrüssig sind. In der gemeinsam durchgemachten langen Nacht blitzen neuer Mut und Lebensfreude auf, so dass Arthur seine Pläne ändert. Das Ende dieser ZDF/ORF-Co-Produktion nimmt etwas zu viel Rücksicht auf die Konventionen und Sehgewohnheiten des TV-Publikums, was den Gesamteindruck deutlich trübt.

Der Film kann aber auch einiges auf der Haben-Seite verbuchen: Josef Hader ist immer ein Erlebnis: egal ob als Solo-Kabarettist oder auf der Leinwand. An seiner Seite spielt eine Entdeckung: die Niederländerin Hannah Hoekstra fiel 2013 mit dem Cyber-Thriller „App“ auf und wurde 2017 als einer der European Shooting Stars auf der Berlinale ausgezeichnet. Auch der deutsch-portugiesische Regisseur Miguel Alexandre ist in der Kinoszene noch nicht so bekannt: seine bisher größten Erfolge waren die süßlichen TV-Zweiteiler „Die Frau vom Checkpoint Charlie“ (2007) mit Veronica Ferres und „Der Mann mit dem Fagott“ (2011) über und mit Udo Jürgens. Mit „Arthur & Claire“, das auf einem kammerspielartigen Theaterstück des Österreichers Stefan Vögel basiert, macht er nun auf der großen Leinwand auf sich aufmerksam. Vor allem gelingt dem Film eine Liebeserklärung an den besonderen Klang der niederländischen Sprache. Leitmotivisch zieht sich ein Sticheln und Necken durch die Dialoge von Arthur & Claire, in der letzten Szene versuchen sie sich gemeinsam an der Aussprache von „schip beschuit“ (Schiffszwieback).

Bild: universum film

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