Annie-B Parson, Paul Lazar und ihr Big Dance Theater aus New York verfolgen mit ihrem neuen Stück „17c“ einen klaren Ansatz: Samuel Pepys, für seine Scharfzüngigkeit geschätzter, tagebuchschreibender Marine-Staatssekretär und Chronist der englischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts, wird als hemmungsloser Grapscher und narzisstischer Selbstdarsteller, als Ahnvater der Selfie-Generation auf Facebook und Instagram, vorgeführt. Seine Frau Bess, deren Tagebücher vermutlich von Sam Pepys verbrannt wurden, soll endlich eine Stimme bekommen. Dass „17c“ bei der Premiere im Herbst 2017 in New York auf positive Resonanz stieß, liegt sicher auch daran, dass es in Zeiten von Donald Trumps „grab the pussy“-Übergriffen und der #metoo-Debatte einen Nerv traf.
Ästhetisch wirkt dieser Mix aus Theater, Tanz und Video-Einspielern im Modus gepflegter Dauer-Ironie jedoch recht unausgegoren. Nicht Fisch und nicht Fleisch, weder als Theaterabend noch als Tanzstück überzeugend, hangeln sich die PerformerInnen an ihrer Botschaft entlang. Lazar alias Samuel Pepys sitzt bräsig im Sessel und brüstet sich damit, wie er die Frauen erobert, im Hintergrund flackert auf mehreren Bildschirmen das Video eines gemütlichen Kaminfeuers. Seine Frau Bess, verkörpert von Elizabeth DeMent, darf sich über weite Strecken nur im stummen Ausdruckstanz üben, während ihr Mann über ihre Tanzstunden lästert.
Für die zum vergessenen, zum Schweigen gebrachten Frauen steht an diesem Abend auch Margaret Cavendish, eine Zeitgenossin und Intimfeindin von Pepys, die als erste Science fiction-Autorin gilt. Ausschnitte aus ihrem Werk „The Convent of Pleasure“ werden als „Stück im Stück“ auf die Bühne gebracht und tragen zu dem Gesamteindruck bei, dass hier zu viele Puzzleteile lieblos aneinander gereiht werden. Der ironische Gestus geht bald auf die Nerven: Üppige Perücken treffen auf eine sehr spartanisch eingerichtete Bühne, zwei Pepys-Leserinnen sitzen an einem Tisch an der Seite und streuen ihre Kommentare ein.
Das Big Dance Theater hat sich programmatisch die Verknüpfung von Tanz und Theater auf die Fahnen geschrieben, scheitert aber bei dieser Zeitreise ins „17c“ daran, über ihre politische Botschaft hinaus auch einen ästhetisch überzeugenden Abend zu gestalten.
Bilder: Bylan Douglas