Der Nahostkonflikt ist das zentrale Thema im Werk des israelischen Regisseurs Eran Riklis, der mit „Die syrische Braut“ (2004) und „Lemon Tree“ (Panorama-Publikumspreis der Berlinale 2008) bekannt wurde. Der gefühlsbetonte, oft melodramatische Stil, der diese Filme prägte, findet sich auch in einigen Szenen seines jüngsten Werks „Aus nächster Distanz“: Naomi (Neta Riskin) und Mona (Golshifteh Farahani) begegnen sich auf engstem Raum, schauen sich tief in die Augen, betrauern gemeinsam einen schmerzhaften Verlust in ihrem jeweiligen Leben und küssen sich kurz vor Schluss. Diese Szenen, die nach kitschigem Wohlfühlkino klingen, sind jedoch tatsächlich in einen klassischen Agenten-Thriller-Plot eingebettet.
Mona hat einen Anführer der libanesischen Hisbollah an den israelischen Geheimdienst Mossad verraten, der sie daraufhin in ein „Safehouse“ nach Hamburg ausgeflogen hat. Nach einer Gesichtsoperation soll sie mit neuer Identität ein Leben in Kanada beginnen, vermisst jedoch ihren Sohn, den der Mossad nicht rechtzeitig aus einem Versteck in einem Kloster holen konnte. Die nach dem Tod ihres Mannes, der bei einem gemeinsamen Einsatz in Kenia starb, traumatisierte Agentin Namoi soll zwei Wochen lang bei der Information Mona bleiben, bis die Narben der Gesichts-OP verheilt sind und die Fäden gezogen werden können.
Elegant setzt Riklis die genre-üblichen Mittel des Suspense-Kinos gekonnt ein: Wem kann man trauen? Dem Kioskverkäufer an der Ecke? Dem Nachbarn, der neu einzieht und an der Wohnungstür klingelt? Dem kettenrauchenden Mann auf dem Balkon gegenüber? Die beiden Frauen misstrauen sich nicht nur gegenseitig, sondern wittern hinter jedem Klingeln und jeder Zufallsbegegnung Lebensgefahr.
„Aus nächster Distanz“ basiert auf dem Kurzgeschichten-Band „The Link“ einer Ex-Mossad-Agentin und wurde als gelungener Genre-Film vor Postkarten-Motiven Hamburgs gefilmt. Nach der deutschen Erstaufführung in Hof 2017 startete er im August 2018 in einigen Programmkinos.
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