The man who killed Don Quixote

Dieser Film ist entweder schnell vergessen oder wird zum Kult einer treuen Fangemeinde: in seiner aberwitzigen Farce „The man who killed Don Quixote“ lässt Ex-Monty Python-Mime Terry Gilliam die Ebenen von Realität und Fiktion, Wahn, Illusion und Wirklichkeit nur so durcheinander purzeln.

Ein schnöseliger Werbefilmer namens Toby wie aus dem Klischee-Lehrbuch (gespielt von Adam Driver) kehrt in das spanische Dorf zurück, in dem er als Student einen hochambitionierten Abschlussfilm auf den Spuren des berühmten „Don Quixote“-Romans von Miguel de Cervantes drehte. Sein damaliger Hauptdarsteller, ein einfacher Schuster (Jonathan Pryce, ursprünglich Mitglied der Royal Shakespeare Company, seit Jahrzehnten enger Mitstreiter von Gilliam), ging so sehr in der Rolle auf, dass er bis heute im Wahn zu leben scheint, dass er der edle Ritter ist, der mit seinem treuen Knappen Sancho Pansa und auf seiner Rosinante gegen Riesen in den Kampf ziehen muss, um seiner angebeteten Dulcinea zu gefallen. Doch wie so oft in diesem Film trügt auch hier der Schein.

Das Panorama wird noch durch einige skurrile Nebenfiguren angereichert, z.B. „The Boss“ (Stellan Skarsgård), der sein Geld mit Wodka macht, oder seine nymphomanische Geliebte Jaqui (Olga Kurylenko), die dem armen Toby nachstellt, der schon genug damit zu tun hat, dass ihn der „Don Quixote“ für seinen „Sancho Pansa“ hält und von einem Fettnäpfchen zum nächsten zerrt.

Was ist Wahn? Was ist Illusion? Was ist die Wirklichkeit? Diese zentralen Themen der literarischen Vorlage verhandelt Terry Gilliam in seinem Film. Er macht sich einen Spaß daraus, die Szenen blitzschnell umkippen und vermeintliche Gewissheiten zerschellen zu lassen.

Das ist streckenweise durchaus unterhaltsam, das Prinzip des Films ist aber schnell durchschaut, so dass die 130 Minuten etwas lang werden.

Bemerkenswert machen den Film vor allem zwei Punkte: Zum einen seine sehr lange Vorgeschichte, die ihn schon weit vor der Fertigstellung und seiner Uraufführung als Abschlussfilm in Cannes 2018 zur Legende werden ließen. Terry Gilliam brannte für dieses Projekt, ein erster Versuch mit Johnny Depp und Jean Rochefort scheiterte zur Jahrtausendwende jedoch krachend. Die Dokumentation dieses Desasters ging unter dem Titel „Lost in La Mancha“ (2002) in die Filmgeschichte ein. Gilliam ließ sich nicht entmutigen, obwohl ein Fluch über dem Filmstoff zu liegen schien. Nach mehreren Anläufen konnte die vorliegende Fassung, die am 27. September 2018 in die deutschen Kinos kam, dank einer Mäzenin verwirklicht werden, die von der Dokumentation fasziniert war und unbedingt einmal selbst über den Roten Teppich eines großen Filmfestivals laufen wollte.

Zum anderen zeigt „The Man who killed Don Quixote“ den Strukturwandel der Filmindustrie in Hollywood. In den 1980ern und 1990ern konnte er mittelgroße Projekte wie „Brazil“ mit Robert de Niro, „König der Fischer“ mit Jeff Bridges und Robin Williams, „Twelve Monkeys“ mit Brad Pitt und Bruce Willis oder „Fear and Loathing in Las Vegas“ mit Johnny Depp realisieren. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung beklagte er sich, dass für solche gewagteren Nischenfilme jenseits der großen Franchise-Blockbuster heute viel schwerer Geld und Unterstützung zu bekommen ist.

Bilder: © 2018 Concorde Filmverleih GmbH

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