Offenes Geheimnis

Was für ein glamouröser Auftakt für die Filmfestspiele in Cannes: die beiden spanischen Stars Pénelope Cruz und Javier Bardem in einem Drama des iranischen Regisseurs Asgar Farhadi, der für seine präzisen Milieu- und Charakterschilderungen gefeiert wurde. Bereits zwei Mal gewann er den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film (2012 für „Nader und Simin – Eine Trennung“, 2017 für „The Salesman“). Auch der Plot klang vielversprechend: Farhadi hatte sich vorgenommen, einen Entführungsthriller mit einer Familiensaga über verdrängte, unter den Teppich gekehrte Konflikte zu verzahnen.

Schon am Eröffnungsabend in Cannes war der Jubel verhalten und die Enttäuschung in den Rezensionen spürbar. Zurecht, wie man sich seit dem deutschen Kinostart am 27. September überzeugen kann. Der Titel „Offenes Geheimnis“ (Original: „Todos lo saben“) steht leider programmatisch für den Film. Bereits früh ist nach einer Schlüsselszene auf dem Kirchturm zu erahnen, welches Geheimnis Laura (Cruz), die wegen einer Hochzeit aus Argentinien in ihr Heimatdorf zurückkam, und ihren Jugendschwarm Paco (Bardem) verbindet. Das Drehbuch vermag es nicht, Funken daraus zu schlagen.

In schönen Bildern schleppt sich der Film über mehr als zwei Stunden recht langatmig dahin. Der Entführungsplot um Lauras Tochter Irene bleibt blass, beschränkt sich auf einige falsche Fährten und erreicht kein Thriller-Format. Aber auch als Familiendrama funktioniert der Film nicht gut. Wie die Süddeutsche Zeitung urteilte, bleibt „Offenes Geheimnis bei aller Raffinesse auf halbem Weg zwischen Melodram und Thriller stecken“. An dem Film werden vor allem jene ihre Freude haben, die wie Farhadi gerne in Bildern opulenter spanischer Dorf- und Familienfeste schwelgen oder Pénelope Cruz als verzweifelte Mutter tränenüberströmt in Großaufnahme erleben möchten. Für alle anderen bleibt der groß angekündigte Film enttäuschend.

Bild 1: © 2018 PROKINO Filmverleih GmbH, Bild 2: © 2018 Memento Films / PROKINO Filmverleih GmbH

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