Suspiria

Wenige Filme wurden in diesem Jahr mit so viel Spannung erwartet wie der Horrorfilm „Suspiria“, der im Wettbewerb von Venedig uraufgeführt wurde. Aus mehreren leicht nachvollziehbaren Gründen: Es ist das (recht frei mit der Vorlage umgehende) Remake des Giallo-Genre-Klassikers „Suspiria“ von Dario Argento aus dem Jahr 1977, das in manchen Kino-Nerd-Kreisen kultisch verehrt wird. Zweitens führt der Italiener Luca Guadagnino Regie, dem für seine schwelgende Romanze „Call me by your name“ viele Herzen im Publikum zuflogen und auch ein Oscar verliehen wurde. Drittens ist der Film mit Dakota Johnson, Angela Winkler und vor allem Tilda Swinton glänzend besetzt. Letztere ist in einer rätselhaften Doppelrolle präsent: als Tanzchoreographin Madame Blanc und kaum wiederzuerkennen auch als Psychotherapeut Josef Klemperer (unter dem Pseudonym Lutz Ebersdorf, für den eigens eine fiktive Biographie erfunden wurde).

Leider bleibt der Film deutlich hinter den Erwartungen zurück. Mit einer Überlänge von 154 Minuten hält er seine Spannungsbögen nicht durch, was für einen Genre-Film aus dem gehobenen Arthouse-Horror-Segment verheerend ist. Andreas Borcholte berichtete auf SPIEGEL Online aus Venedig von Pfiffen und Buhrufen nach der Pressevorführung und bezeichnete das Werk zurecht als „so bleiern und matt wie die bleichen Ostberliner Tristesse-Farben, in die Guadagnino seinen Film tüncht“.

Im Deutschen Herbst 1977, mit der Schleyer- und der Landshut-Entführung nach Mogadischu als Hintergrundrauschen, stolpert ein anfangs naiv erscheinendes Mädchen aus der amerikanischen Provinz durch Kreuzberg im Schatten der Mauer. Susie (Dakota Johnson) heuert bei einer angeblich weltberühmten Tanz-Compagnie an, bei der merkwürdige Dinge vorgehen. Nach und nach stellt sich heraus, dass die Marcos Compagnie von rivalisierenden Hexen geleitet wird, die ihre Machtkämpfe auf dem Rücken der Elevinnen austragen. Schleppend und langatmig erzählt Guadagnino, leider verwechselt er Ekel mit Angst, wie Susan Vahabzadeh in der Süddeutschen Zeitung zurecht feststellte.

Selbstverliebt und aufgebläht ist „Suspiria“ eine Enttäuschung des Kinojahres. Zum Seufzen (deutsche Bedeutung des lateinischen Titels) bringt er vor allem sein Publikum. Nach der Uraufführung startete der Film am 15. November 2018 in den deutschen Kinos.

Bild 1: © Amazon Studios; Bild 2: © Alessio Bolzoni Amazon Studios

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