Drei Milliarden Schwestern

Normalerweise ist die kleine Bühne im 3. Stock die Spielstätte des P14-Jugendclub-Kollektivs der Volksbühne. Mit „Drei Milliarden Schwestern“, einer popfeministischen Parodie auf den Tschechow-Klassiker und melodramatische Opern, durften sie erstmals auch auf der großen Bühne ran.Bonn Park (Text/Regie), der selbst aus der P14-Kaderschmiede stammt und später an der UdK Szenisches Schreiben studierte, und Ben Roessler (Komposition) schufen einen schräg-versponnenen Abend.

Er endet konsequenterweise damit, dass ein Tschechowscher Samowar als Rakete ins All geschossen wird. Er verfehlt sein Ziel, einen Kometen, ebenso wie auch der Komet an der Erde vorbei schrammt. So viel geballte melancholische Vergeblichkeit bringt sonst höchstens Tschechow in seinen Dramen unter.

Bis zu diesem Finale zieht das Ensemble augenzwinkernd alles Mögliche durch den Kakao: von den BVG-Ansagen über Tschechow-Szenen bis zu Opern-Konventionen (der 4. Akt dauert nur ein paar Sekunden und besteht aus einem Konfettiregen).

Auch musikalisch zitiert sich der Abend, begleitet vom Jugendsinfonieorchester Berlin am Georg-Friedrich-Händel-Gymnasium, hemmungslos durch diverse Stilrichtungen. Zwölfton-Musik steht neben melodischen Popsongs und einer kuriosen Hiphop-Einlage von Anne Tismer, die sich für einen kurzen Auftritt unter die Jugendlichen mischt. Schauspielerisch treten die P14-Akteurinnen in die Fußstapfen ihrer großen Vorbilder von Kathrin Angerer bis Sylvia Rieger: im gewohnt-hysterischen Volksbühnen-Ton, dem Markenzeichen der Castorf-Ära, bestreiten sie den Abend.

Das bis auf den Sänger Dagobert, der ebenfalls nur kurz auf die Bühne kommt, rein weibliche Ensemble bekam bei der heutigen Vorstellung einen weiteren Quoten-Mann: Regieassistent David Thibaut sprang für die erkrankte Judith Gailer als Astronautin Aleksandra Aleksandrawitsch Aleksandrawa ein, schlüpfte in ein Kostüm, das zwischen Teletubbis und Raumfahrer-Anzug angesiedelt ist, und bestritt die Vorstellung mit Textbuch.

Als Nummernrevue ist der knapp zweistündige Abend nicht immer stringent, aber durchaus unterhaltsam.

Bilder: Thomas Aurin

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