Der goldene Handschuh

Der umstrittenste Film des Berlinale-Wettbewerbs ging auf dem Festival leer aus und startete gleich danach in den Kinos: Fatih Akin nimmt uns auf seiner Milieustudie mit in die abgerocktesten und schmuddeligsten Ecken von St. Pauli.

Drehbuch und Kamera weiden sich regelrecht an den kettenrauchenden Säufer*innen der Kiezkneipe, die jegliche Kontrolle über ihr Leben verloren haben. In der ersten Hälfte funktioniert der Film als Groteske recht gut, entwickelt sich aber mehr und mehr auf einen Frontalangriff auf die Ekelgrenze. Maden der verwesenden Leichen, die sich in der Dachkammer des Serienmörders Fritz Honka stapeln, fallen in den Suppenteller der unter ihm wohnenden griechischen „Gastarbeiter“, die sich schon zuvor theatralisch über den penetranten Gestank beschwerten.

Zwei Stunden lang wird hier in der Kiezkneipe hinter zugezogen Vorhängen lamentiert, monologisiert, gequalmt und noch mehr gesoffen. Dazwischen schleppt Fritz Honka (Gorki Theater-Aushängeschild Jonas Dassler völlig entstellt mit verklebten Haaren, Hornbrille und Überbiss) einsame, alte Frauen in seine Dachkammer, füllt sie mit weiterem Schnaps ab, hat mit ihnen – meistens nicht einvernehmlichen – Sex und zerstückelt sie.

In einem kleinen Nebenstrang kommt Tristan Göbel, der bei Fatih Akin schon in „Tschick“ die zweite Hauptrolle des Maik Klingenberg spielte, recht kurz. Er stellt sich beim ersten Flirt fast so ungeschickt wie Honka an, ihre Wege kreuzen sich mehrfach vor oder in der Kaschemme.

Bemerkenswert ist „Der goldene Handschuh“, der auf dem Bestseller von Heinz Strunk und einer Mordserie auf dem Hamburger Kiez, vor allem wegen seines Hauptdarstellers Jonas Dassler, der sich wie gewohnt ohne Rücksicht auf Verluste in seine Rolle wirft und diesmal viel Mut zur Hässlichkeit beweist.

Bild: ©2018bomberoint._WarnerBros.Ent._photobyGordonTimpen

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