Mit einem bunt zusammengewürfelten, paneuropäischen Ensemble inszenierte der große Regie-Provokateur Oliver Frljić eine hübsche kleine Performance für das Stuttgarter Kammertheater und die beiden Kooperationspartner, das Nowy Teatr Warszawa und das Zagreb Youth Theatre.
Besonders tiefschürfend sind die 90 Minuten nicht, die gestern beim Herbstsalon im Container vor dem Gorki Theater gastierten. Assoziativ hangelt sich der Abend an drei ikonischen Bildern der europäischen Kulturgeschichte entlang: vom „Schwarzen Quadrat“ von Kasimir Malewitsch über das zuletzt im Roman und auf der Bühne mehrfach behandelten „Floß der Medusa“ von Théodore Géricault bis zu „Die Freiheit für das Volk“ von Eugène Delacroix. Die sechs Performer*innen sprechen über ihre Eindrücke und Gedankenschnipsel, von Stalin und Holocaust über die Flüchtlingskrise auf dem Mittelmeer bis zur fragilen Situation in den postrevolutionären Staaten Mittel- und Osteuropas. In der überzeugendsten vorletzten Szene ergänzen sie – in einer langen Stuhlreihe nebeneinander sitzend – abwechselnd ihre autobiographischen Schilderungen.
Dass der kurze Abend dennoch Spaß macht, liegt am Unterhaltungstalent und der Spielfreude der sechs jungen Spieler*innen. Vor allem Jan Sobolewski aus Polen und Adrian Pezdirc aus Kroatien bringen das Publikum mit frechen Sprüchen und verbalem Doppelpass zum Schmunzeln. Letzterer zeigt seine Entertainer-Qualitäten auch, als er die zu lange Mitmach-Puzzle-Aktion mit ironischen Bemerkungen karikiert und damit doch noch einige aus dem mäßig motivierten Berliner Publikum animiert, sich zu beteiligen.
Von der Stringenz und der Wucht seiner besten Inszenierungen ist diese hübsche, aber harmlose Studiobühnen-Performance von Oliver Frjlic weit entfernt. Auch von der Schluss-Szene, in der zwei nackte Spieler*innen mit dem gekreuzigten Jesus über Religion und Nacktheit auf der Bühne diskutieren, fühlt sich beim Berliner Gastspiel niemand provoziert. Wie wurde das in Polen und Kroatien aufgenommen?
Bilder: Björn Klein