Vivarium

Im Corona-Lockdown 2020 erschien „Vivarium“ nur im Heimkino. Bei seiner gestrigen TV-Premiere wurde der SciFi-Horror-Thriller im Spätabend- und Nachtprogramm von RTL 2 versteckt, das für trashige Doku-Soaps berüchtigt ist.

Der Film des Iren Lorcan Finnegan hätte wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient. „Vivarium“ hat nicht nur eine originelle Grundidee. Finnegan gelingt es im Gegensatz zu vielen anderen Regisseurinnen am Anfang ihrer Karriere, den Plot über knapp 90 Minuten konsequent weiterzuentwickeln und zu einem schlüssigen Ende zu führen.

Tom (Jesse Eisenberg) und Gemma (Imogen Potts) sind ein junges Paar auf Wohnungssuche. Ein dubioser, von Beginn an sehr androidenhaft wirkender Makler (Jonathan Aris) nimmt sie mit in einen Suburb: wie aus dem Katalog reiht sich dort ein Eigenheim mit Vorgarten an das nächste. Idylle für die Kleinfamilie oder Albtraum?

Für „Vivarium“ gilt ganz klar letzteres: der Makler ist plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Tom und Gemma sind skeptisch und möchten nach Hause, fahren ihn dem Suburbia-Labyrinth aber nur im Kreis: Haus Nr. 9 lässt sie nicht mehr los.

Außer Essens-Carepaketen liegt auch ein Baby vor ihrer Tür: Wenn sie den Jungen (zunächst Sennan Jennings, dann Eanna Hardwicke) großziehen, sind sie frei, verkündet der beiliegende Zettel. Während Gemma Muttergefühle entwickelt, kommen in Tom Mordphantasien hoch. Er ist in der Folge auch hauptsächlich damit beschäftigt, immer tiefer nach einem Ausweg zu graben.

Das Kuckucks-Leitmotiv, das schon im bildstarken Intro eingeführt wird, wird in dieser Horror-Dystopie gekonnt mit der Kritik an einer Truman-Show-artigen Plastikwelt in austauschbaren Vororten und Mystery-Grusel verknüpft. Getragen wird der Film von den prominenten Hauptdarstellern aus dem Indie-Kino.

„Vivarium“ hatte seine Premiere im besonders starken, präpandemischen Cannes-Jahrgang 2019 und lief dort in der Nebenreihe für Neuentdeckungen junger Talente, der Semaine de la Critique. Für die kommenden Jahre ist ihm zu wünschen, dass er jenseits der Nischen noch mehr Wertschätzung bekommt.

Bild: Leonine

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