Ulster American

In Edinburgh lief die böse Kulturbetriebs-Farce „Ulster American“ von David Ireland bereits vor fast sechs Jahren. Dass die deutschsprachige Erstaufführung erst im April 2024 im Studio der Schaubühne heraus kam, dürfte daran liegen, dass der Stücktext für das hiesige Publikum sehr voraussetzungsreich ist. Das Figurendreieck aus Autorin Ruth (Veronika Bachfischer), Schauspiel-Star Jay (Robert Beyer) und Regisseur Leigh (David Ruland) spricht nicht nur über die Wunden des Brexit, sondern verheddert sich auch ausgiebigst zwischen den Fronten des Nordirland-Konflikts.

Wesentlich zugänglicher ist der zweite Strang: die beiden Männer spielen gemeinsam Golf und spreizen sich in Name-Dropping und Man-Splaining. Die Namen vieler großer Schauspieler und Regisseure fallen. Zur Freude des Schaubühnen-Publikums gibt es auch einen kleinen Diss gegen Lars Eidinger: an einer Wand hängen die Porträts vieler Hollywood-Stars, mit denen der Regisseur Leigh arbeitete. Jay nickt jeweils anerkennend und fragt stirnrunzelnd vor dem Eidinger-Porträt, wer das denn sei.

Die beiden versichern sich, wie feministisch sie seien, hantieren mit dem Bechdel-Test, aber wie in ihrer ganzen Konversation operieren sie nur mit aufgeschnappten Phrasen. Die Situation spitzt sich zu, als Jay und Leigh über eine Szene aus einem Paul Verhoeven/Rutger Hauer-Film sinnieren: Welche Frau würden sie vergewaltigen, wenn sie mit vorgehaltener Pistole gezwungen würden?

Der 100 Minuten kurze Abend schlittert nun auch noch geradewegs in das komplexe Minenfeld Cancel Culture/Grenzen des Sagbaren hinein und verschneidet dies mit #metoo. Ganz schön viele Themen hat sich David Ireland hier vorgenommen. Der Abend wird immer mehr zur Farce, die Figuren verkümmern zur Karikatur.

Rikki Henry, in London geboren, Assistent am Vic Theatre und am National Theatre sowie bei Peter Brook in Paris, lebt mittlerweile in Berlin. „Ulster American“ ist nach einem „Hamlet“ am Landestheater Niederösterreich und einem „Onkel Wanja“ in Dortmund seine erste Regiearbeit in der Wahlheimat.

„Ulster American“ hat zwar seine unterhaltsamen Momente, lässt sich aber als Kulturbetriebs-Farce mit galligem Humor schwer auf den Kontinent exportieren.

Im Studio der Schaubühne gibt es in dieser Spielzeit vier weitere Vorstellungen parallel zum langen Theatertreffen-Abschluss-Pfingst-Wochenende.

Bild: Gianmarco Bresadola

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