„Happy Revolution“ – Festival: Interessante Einblicke in die iranische Gesellschaft

Auf der Zielgeraden des Happy Revolution – Festivals, das in diesem Advent im Ballhaus Naunynstraße in Kreuzberg 36 stattfand, waren unkonventionelle, spannende Einblicke in die iranische Gesellschaft zu erleben.

Modjgan Hashemian schlug in seinem Tanzstück Move in Patterns einen Bogen über die 30 Jahre des theokratischen Regimes. Mit zwei Videomitschnitten, die seine Inszenierung einrahmen, macht er die ganze Misere der dortigen Entwicklung deutlich.

Zu Beginn wird eine Demonstration von Frauen eingeblendet, die sich gegen die Einführung des Schleierzwangs wehren. Damals, im Frühjahr 1979, waren sie noch voller Euphorie über den Sturz des Schahs, aber Ajatollah Chomeini begann bereits, mit kleinen Schritten sein rigides System zu etablieren.
Auf diesen Aufnahmen ist immerhin noch Hoffnung zu spüren. Ganz anders ist der Eindruck der düsteren Videobotschaft aus dem Sommer 2009: Auf verwackelten, chaotischen Bildern sind schemenhaft Proteste gegen die umstrittene Präsidentschaftswahl vom Juni 2009 zu erkennen. Eine Stimme schreit um Hilfe, eine andere fordert mehr Unterstützung vom Westen.

Die fünf jungen Männer und Frauen (Kristian Breitenbach, Mariella Celia, Gonzalo Curinha, Parwanhe Tomiko Frei, Niloufar Shashisavandi) tanzen in ihrer Aufführung Move in Patterns barfuß und mit großer Körperbeherrschung einen assoziativen Reigen kurzer Szenen zu traditionellen Trommelklängen. Der harte Griff der Sicherheitsorgane wird spürbar, die Regeln des Gottesstaates lassen kaum Freiräume.
Im Zentrum der Aufführung steht ein Teppich, der Kindheitserinnerungen auslöst und dessen Muster in Bewegung gerät, wie der Titel verrät.

Das Festival – Programm wurde durch die Reihe Filmen unter Einfluss abgerundet, wobei die Dokumentation Bassidji besonders hervorzuheben ist. Der im französischen Exil lebende Iraner Mehran Tamadon setzte sich mit der gleichnamigen paramilitärischen Gruppe auseinander, die für ihre besondere Loyalität zum Regime bekannt ist. Der zweistündige, sehr genaue Blick in dieses selten beleuchtete Milieu beginnt im Grenzgebiet zum Irak: Dort wird bis heute der Gründungsmythos dieser Gruppe mit Gedenkstätten zelebriert, da sich die ersten Bassidji während des Krieges zwischen 1980 und 1988 als Himmelfahrtskommandos opferten, um als fundamentalistische Märtyrer den religiösen Lohn im Jenseits zu bekommen. Sehr spannend ist vor allem das längere Gespräch mit einigen führenden Köpfen dieser Bewegung. Hier kann man aus erster Hand erfahren, mit welcher Logik sie den Schleierzwang verteidigen, um Männer nicht in erotische Versuchung zu führen. Manche Passagen rufen im Publikum eine Mischung aus ungläubigem Staunen, Heiterkeit und Entsetzen hervor.

Außerdem war die Dokumentation Letters to the President zu sehen, die ihre Premiere bereits auf der Berlinale 2009 hatte und einen Blick darauf wirft, wie sein Apparat die populistischen Auftritte des Präsidenten Ahmadinedschad steuert und wie er mit der Flut von Briefen umgeht.

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