Die Stoßrichtung Georg Büchners war klar, als er 1835 kurz vor seinem Tod sein Drama Dantons Tod publizierte: Er wandte sich gegen die Weltferne der romantischen Epoche und warnte vor den restaurativen Tendenzen seiner Zeit. Am Beispiel des Machtkampfs zwischen den zwei Protagonisten der Französischen Revolutions-Ära, nämlich Danton und Robbespierre, wollte er zeigen, wie schnell ein Befreiungskampf, der von Idealen wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit getragen wird, in eine Schreckensherrschaft umkippen kann.
Das Spannende an diesem Drama ist, dass Büchner sich auf zahlreiche Originaldokumente aus dem Wohlfahrtsausschuss und den Revolutionstribunalen stützen konnte, die damals erst wenige Jahrzehnte alt waren und teilweise wörtlich in den Text eingefügt wurden. Das große Problem ist aber: Unter welchem Blickwinkel soll Dantons Tod heute gelesen und aufgeführt werden? Dass revolutionäre Ideale sehr blutige Folgen haben können und zu häufig in der Geschichte totalitäre Systeme wie die UdSSR nach der Oktoberrevolution zur Folge hatten, ist mittlerweile allgemein bekannt. Außerdem ist der Zeitgeist trotz Finanzkrise, Klimawandel und aller Unsicherheiten des Globalisierungsprozesses alles andere als revolutionär gestimmt.
Dementsprechend wählte der Regisseur dieses Abends, Sebastian Baumgarten, einen sehr eigenen Ansatz: Er nimmt den Dramentext so sehr auseinander, dass man die einzelnen Versatzstücke oft nur schwer wiedererkennt und macht daraus eine Reflexion über Macht und Sprache, wie seine Dramaturgieassistentin in der Einführung erklärte. Man merkt dem Regisseur vor allem seine Herkunft aus der Opernwelt an: In einem Crossover-Genre-Mix legt sich ein Klangteppich über den gesamten Abend, zwischen die Originalfragmente werden Lektionen im Stil des epischen Theaters und fiktive Radiosendungen geschnitten.
Leider fällt es dem Publikum recht schwer, in diesem Wald voller Assoziationen und Zitate den Überblick zu behalten: Sehr verkopft wirkt diese Inszenierung. Erschwerend kommt hinzu, dass Dantons Rolle auf vier Schauspieler aufgeteilt ist, während Robbespierre allein von Castorfs ehemaliger Volksbühnen-Muse Kathi Angerer verkörpert wird.