Chumbawamba: Politischer Punk-Folk-Pop in der Kulturbrauerei

Zum Abschluss ihrer neuen Tour gastierte die britische Band Chumbawamba im Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei: Aus vielen Moderationen zwischen den Songs klang deutlich durch, wo die Wurzeln dieser Musiker liegen. Sie haben sich 1982 in Leeds gegründet, als die Punkbewegung der späten 1970er Jahre ihren Höhepunkt gerade überschritten hatte, aber Maggie Thatcher mit ihrem harten Sanierungs- und Privatisierungskurs als Eiserne Lady die Insel polarisierte.

Der musikalische Stil hat sich mittlerweile gewandelt: Statt peitschender Drei-Akkord-Klänge, wie sie typischerweise mit dem Begriff Punk assoziiert werden, setzen die Musiker im reiferen Alter auf sehr melodiöse Klangfarben, die sich häufig vom Folk, vom Pop und traditionellen Liedern der Arbeiterbewegung inspirieren lassen.

An ihren politischen Positionen hat sich seitdem nichts geändert: Maggie Thatcher ist nach wie vor ein identitätsstiftendes Feindbild für die Band. Jude Abbott bezeichnet die betagte Dame in erstaunlich gutem Deutsch als "Hexe" und widmet ihr ein ironisches, ins Makabre übergehendes Abschiedslied Goodbye.

Etwas mehr mit dem Florett fechten Chumbawamba gegen Metallica-Frontmann James Hetfield: Im Gegensatz zu allen anderen betroffenen Künstlern erhob er keinen Einspruch dagegen, dass während der Bush-Ära in den Gefängnissen vom Irak bis nach Guantánamo bei Verhören oft stundenlang die Musik dieser Gruppen abgespielt wurde. Er meinte in einem Interview sinngemäß, dass er nichts dagegen habe, auf diese Weise seinen Beitrag zur Demokratisierung zu leisten. Chumbawamba phantasieren in ihrer Replik von einer fiktiven Verhörsituation, in der er mit ihrem größten Hit Tubthumping in Endlosschleife beschallt wird, der vor allem während der Fußball-WM 1998 durch die Stadien hallte.

Dieses James Hetfield gewidmete Stück zeigt exemplarisch den Stil, für den Chumbawamba geschätzt wird: Auf den ersten Anschein harmlos wirkende, wohlklingende Melodien transportieren deutliche Botschaften, die nicht mit Kritik am politischen Gegner sparen. Berühmt ist die Band vor allem für ihren stetigen Einsatz gegen Neonazis: Angesichts der damaligen Anschlagswelle texteten sie Enough is enough.

Abgerundet wurde der Abend durch einige hierzulande unbekannte englische Arbeiterlieder aus den Kämpfen des 19. Jahrhunderts oder dem nagelneuen Add me, worin die fünf Musiker die Gepflogenheiten Sozialer Netzwerke des Web 2.0 und das Phänomen virtueller "Freundschaften" mit treffendem Witz  auseinander nehmen.

Die Chumbawamba-Webseite

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