Zwei sehr unterschiedliche ilb-Autoren: Mahmud Doulatabadi und Assaf Gavron

Am Dienstag waren beim ilb zwei sehr unterschiedliche Autoren im Theatersaal des Hauses der Kulturen der Welt zu erleben, die aber beide mehr Besucher verdient hätten:

Zunächst las Mahmud Doulatabadi aus seinem neuen Buch Der Colonel: Ein düsteres Buch über die Zeit direkt nach der islamischen Revolution im Iran. Man merkt dem Text seine Entstehungsgeschichte an: Der Stoff quälte den Autor als Alptraum bereits vor knapp 25 Jahren. Doulatabadi machte sich erste Notizen und ließ die Erzählung weiter in seinem Kopf und in ersten Manusktiptentwürfen reifen. Erst im vergangenen Jahr hielt er die Zeit für gekommen, den Roman zu Papier zu bringen und als Erstveröffentlichung beim Züricher Unionsverlag zu publizieren. In der iranischen Theokratie hätte ein solch düsterer und brutaler Text, der auch Verhöre und Folter nicht ausspart, natürlich keine Chance, publiziert zu werden.

Die Titelfigur, ein ehemaliger hoher Militär in der Armee des Schahs leidet unter dem plötzlichen Machtverlust nach dem Regimewechsel und wird eines Tages verhaftet, als er seine Frau aus Eifersucht ermordet hat. Nach und nach verliert er auch seine fünf, die sich entweder gegen ihn stellten und als "Märyter" der Revolution starben oder vom Geheimdienst verschleppt und getötet wurden.

Wer nach so viel politischer Tristesse gute, humorvolle Unterhaltung sucht, ist bei Assaf Gavrons rasantem Roadmovie Alles paletti gut aufgehoben. Der Roman des israelischen Autors erscheint leider erst jetzt auf Deutsch, obwohl er in seiner Heimat 2003 ein großer Erfolg war. Bereits die temporeiche Reflexion über verschiedene Gründe, umzuziehen, weckt die Lust, diesen Text kennenzulernen. Auf den kommenden Seiten entspinnt sich eine wilde Verfolgungsjagd der ukrainischen Mafia, da Mitarbeiter einer Umzugsfirma einfach den LKW geklaut haben, in dem eine wertvolle, geheimnisvolle Fracht versteckt war. Von New York aus beginnt eine wilde Reise quer durch die USA. In Alles paletti verzichtet Gavron bewusst auf die Problematisierung des Nahost-Konflikts, die seine sonstigen Bücher prägen, und bietet stattdessen amüsante Unterhaltungsliteratur.

In Deutschland wurde Gavron durch ein Buch begann, dessen Titel Ein schönes Attentat in Israel heftige Wellen der Empörung auslöst: Ein Yuppie aus Tel Aviv überlebt mehrere Selbstmordattentate, in geschickten Montagen beleuchtet der Autor die Biographien des Yuppies und seiner Attentäter und schafft es, wie ihm viele Kritiker bestätigten, ein beklemmendes, aber differenziertes Bild des Nahostkonflikts zu zeichnen.

Aktuell arbeitet Gavron im Rahmen eines DAAD-Stipendiums in Berlin an einem nächsten Roman, der ebenfalls wieder hochpolitisch sein wird und im Milieu der israelischen Siedlungsbewegung spielt.

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