In der aktuellen Ausgabe der Matinee-Reihe Gregor Gysi trifft Zeitgenossen war Wolfgang Kohlhaase im Deutschen Theater zu Gast: Dem preisgekrönten Drehbuchschreiber sieht mein sein stattliches Alter von fast 80 Jahren nicht an. Vergnügt plaudert er sich zwei Stunden lang durch sein bewegtes Leben.
Durch eine Reihe von Zufällen und mit viel Chuzpe, nach dem Motto "Hier bin ich und möchte einen Job", startete Wolfgang Kohlhaase als junger Mann aus Adlershof in den unmittelbaren Nackriegswirren ins Berufsleben. "Irgend was mit Medien" würde man heute wohl sagen.
Mit viel Selbstironie schildert Kohlhaase seine ersten missglückten Versuche, als Teenager einen Kriminalroman zu schreiben. Von da an ging es steil bergauf und schnell wurde er Kulturredakteur beim FDJ-Organ Junge Welt mit Schwerpunkt Filmkritiken. Mit Anfang 20 wechselte er dann bereits als Drmaturgieassistent zu den DEFA-Filmstudios nach Potsdam-Babelsberg, bevor er ab 1952 als freiberuflicher Drehbuchschreiber das Kino der DDR und des vereinten Deutschland nach 1990 prägte.
Sein am italienischen Neorealismus jener Jahre geschulter Stil sorgte für Furore und gefiel den Funktionären der DDR-Kulturbürokratie so gut, dass er bereits mit 23 Jahren mit dem Nationalpreis ausgezeichnet wurde. Der große Karriereknick kam 1965: Das berüchtigte XI. Plenum des ZK der SED sorgte für Eiszeit im kulturellen Leben. Filme verschwanden reihenweise in den Schubladen. Dieser Verbotswelle, die mit Spur der Steine ihren Höhepunkt erreichte, fiel auch Kohlhaases Film Berlin um die Ecke zum Opfer.
Nach einigen Jahren als Prosaschriftsteller arbeitete Kohlhaase eng mit dem Regisseur Konrad Wolf zusammen. Aus dieser produktiven Phase gingen vor allem das Kriegsdrama Ich war Neunzehn (1968) und Solo Sunny hervor: Der frische Ton dieses Films begeisterte 1980 das Berlinale-Publikum und überraschte mit neuen Einblicken. Statt der üblichen Neubau-Milieus, die im sozialistischen Realismus dominierten, zeigte dieser Film eine lebenslustige junge Frau in den damals verfallendenden Gründerzeit-Bauten des Prenzlauer Bergs, die unbeirrbar ihren Weg geht.
Im Gegensatz zur großen Mehrheit der ostdeutschen Künstler wurde Kohlhaase auch nach 1990 von Kollegen, Publikum und Kritik geschätzt: Sein jüngster Erfolg als Drehbuchschreiber zeigt exemplarisch seinen lakonischen Dialogstil. In Andreas Dresens Sommer vorm Balkon hat er Nadja Uhl und Co. einige der besten Drehbuchsätze des aktuellen deutschen Kinos in den Mund gelegt, z.B. als sie ihren One-Night-Stand ganz entschieden mit den Worten "Ist ohne Frühstück. – Ist auch ohne Diskussion." hinauskomplimentierte.