Nurkan Erpulat verhebt sich an Kafkas „Schloss“

Nurkan Erpulat hatte einen kometenhaften Aufstieg in der deutschen Theaterlandschaft. Sein Stück Verrücktes Blut begeisterte am Ballhaus Naunynstraße Publikum und Feuilletons. Als frischgebackener Nachwuchsregisseur wagte er sich an in diesem Herbst an die Theaterfasung eines wuchtigen Texts, nämlich Franz Kafkas Roman-Fragment Das Schloss.

Nach einem solch frechen und witzigen Debüt, das vor Ideenreichtum sprühte, sind die Erwartungen hoch. Aber Nurkan Erpulat fand keinen Zugang zu diesem hermetischen, sprachgewaltigen Werk. In seiner Koproduktion der Ruhrtriennale und des Deutschen Theaters Berlin wirken die Schauspieler sehr alleingelassen, warum einer von ihnen über lange Strecken nur in Unterhose auf der Bühne herumsteht, erschliesst sich auch nicht recht.

Die Szenen, in denen der Landvermesser K. sich abstrampelt, Klarheit über die Machtspiele und Fallstricke in dem Dorf am Fuss des ominösen Schlossbergs zu gewinnen, gleichen sich sehr stark. Es zeigt sich, dass die Sprachgewalt und die bedrückende Atmosphäre vor allem als Lesetext ihre Wirkung entfalten. An diesem Abend gelingt es Erpulat, seinem Dramaturgen und seinen Schauspielern nicht so recht, daraus eine lebendige Theaterfassung auf die Bühne zu bringen. Dementsprechend leerten sich auch die hinteren Reihen der ausverkauften Kammerspiele gegen Ende der Inszenierung.

Neben der unbestrittenen sprachlichen Qualität von Kafkas Vorlage überzeugt an diesem Abend vor allem der Kinderchor der Berliner Staatsoper, die mit eingestreuten Songs der Doors die Szenen voneinander abgrenzen. Als Fazit bleibt, dass wir auf die nächste Regiearbeit von Nurkan Erpulat gespannt sein dürfen. Sein Potenzial hat er eindrucksvoll bewiesen, auch wenn es diesmal nicht so recht zur Geltung kam. Bis dahin lohnt sich die Lektüre von Franz Kafkas Romanfragmenten und Erzählungen.

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