In der zweiten Premiere dieser Spielzeit, die am Deutschen Theater unter dem Motto Demokratie und Krieg steht, beamt sich das Regieteam Jürgen Kuttner und Tom Kühnel mit ihren Schauspielerin um hundert Jahre zurück in die Endphase des Zarenreichs.
Der zaudernde Herrscher (Jörg Pose) wird von Intriganten umlagert, ist aber unfähig, eine Entscheidung zu treffen. Am Hof treibt Rasputin sein Unwesen, nur er kann die Blutungen des Zarewitsch (Moritz Grove im Matrosenanzug) stoppen, das Volk munkelt aber über eine Affäre mit der Zarin (Katharina Marie Schubert). Mit seiner unübersehbaren Leibesfülle und seinem Rauschebart ist Michael Schweighöfer die Idealbesetzung als Rasputin und das Zentrum des ansonsten belanglosen Abends. Sein erster Auftritt mit dem Rücken zum Publikum und seine gemeinsame Szene, als ihn Felix Felixowitsch Fürst Jussopow (Daniel Hoevels, der diesmal zu sehr in Slapstick abgleitet) mit Törtchen und Wein vergiften will, bleiben in Erinnerung.
Bei der Ausstattung der Kostüme und des Bühnenbildes wurde auf viele Details geachtet: wallende, weiße Kleider, Karl-Marx-Bärte, altertümliche Telefonapparate, Mischwesen (halb Frau, halb Greifvogel) als Wandschmuck und Butzenscheiben im Hintergrund sind ein deutlicher Kontrast zu den völlig kahlen Bühnen, die in Mode gekommen sind.
Leider schleppt sich die Inszenierung ansonsten ziellos dahin, es wird nicht klar, warum Kuttner und Kühnel diesen Stoff ausgewählt haben. Dementsprechend ist der Abend bei der Kritik einhellig durchgefallen. Nach der Premiere am 1. September schalteten sich auch noch Brechts Erben ein und verboten, dass Lieder aus seinem Stück Die Mutter gespielt werden. Jürgen Kuttner (Co-Regisseur und Darsteller mehrerer Nebenrollen) unterbricht den zähen Fluss deshalb an einigen Stellen mit weitschweifigen Erklärungen zu diesem Urheberrechts-Problem.
Der Qualm von Zigarren und Zigaretten zog diesmal besonders penetrant von der Bühne in die Zuschauerreihen.
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