Der talentierte Mr. Ripley: Balancieren auf schmalem Grat

Der Plot von Patricia Highsmiths Psychothriller-Identitätsklau-Klassiker Der talentierte Mr. Ripley ist eine sichere Bank: Die Autorin wurde mit diesem Roman 1955 berühmt und ließ vier Fortsetzungen folgen. Auf der Leinwand verkörperte zunächst Alain Delon 1960 in René Clements Nur die Sonne war Zeuge Ripleys Schachzüge mit französischer Eleganz. 1999 gewann Anthony Minghella für die Titelrolle Matt Damon, der mit seinem unsicheren, aber verschmitzten Dauergrinsen die unterschätzte Ripley-Figur ideal verkörpert.

Auch wenn der Plot schon aus dem Roman und/oder den erfolgreichen Kinofilmen den meisten Theaterbesuchern bekannt sein dürfte, ist seine Rafinesse in jeder neuen Fassung reizvoll. Das dachte sich offensichtlich auch der noch recht junge Regisseur Bastian Kraft und setzte auf diesen bewährten Stoff.

Nach der Premiere im Januar in Frankfurt hatte die Co-Produktion der beiden Häuser an diesem Wochenende auch in den Kammerspielen des Deutschen Theaters ihre Erstaufführung: Auf einem Schwebebalken tänzeln und balancieren die Schauspieler in der Mitte der Bühne. Dieses Leitmotiv strukturiert den Abend, auf ihm genießen die reichen, jungen Amerikaner das Dolce Vita in Italien, auf ihm wird Tom Ripley bei den Polizeiverhören in die Enge getrieben, dennoch beherrscht er den Balance-Akt am besten und lässt die Briefe von Marge Sherwood und Herbert Greenleaf einfach an sich abperlen.

Neben dem Schwebebalken sind kleine Garderoben zu sehen, wo die Schauspieler, die fast durchweg mehrere Rollen spielen, in das Kostüm für ihren nächsten Auftritt schlüpfen und so das Thema das Stücks, die Unsicherheit der Identität und ihren Diebstahl, aufnehmen.

Ein gelungener Regieeinfall waren die Musikeinlagen von Franziska Machens (sie hat die Rolle von Maren Eggert übernommen), die mit bekannten Songs von Madonna bis Iggy Pop die Handlung unterbricht und kommentiert.

Der talentierte Mr. Ripley ist eine interessante, kleine Regiearbeit, die aus alten Schläuchen neuen Wein zapft und mit guten schauspielerischen Leistungen und passender musikalischer Untermalung unterhält.

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