„Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ und „Amma und Appa“: diese Woche neu im Kino

In dieser Woche starteten zwei Filme in den Kinos, die beide nur mit Einschränkungen zu empfehlen sind.

Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit ist nicht so kitschig-verunglückt, wie der Titel befürchten lässt. Es handelt sich wieder mal um einen Missgriff eines Verleihs, es hätte viel besser zu Uberto Pasolinis Film gepasst, seinen englischen Originaltitel Still Life beizubehalten.

In sehr ruhigen Einstellungen nähert sich der Film dem tristen Leben seiner Hauptfigur: Mr. May arbeitet seit mehr als zwei Jahrzehnten als Funeral Officer in einem Londoner Vorort und mit Mitte 40 der Prototyp einer grauen Maus, die nur ihren Bürojob hat. Seine Aufgabe ist es, nach Angehörigen oder Freunden zu suchen, wenn einsame, alte Menschen allein erst nach mehreren Tagen in ihren Mietwohnungen tot aufgefunden werden. In den meisten Fällen ist er dann aber doch der einzige Gast bei der Bestattung. Der Film verwendet fast die gesamte erste Stunde darauf, eine Charakterstudie von Mr. May zu zeichnen, der von Eddie Marsan in seiner ersten Hauptrolle (sein bisher größter Auftritt war als Fahrlehrer in Happy-go-Lucky) überzeugend verkörpert wird. Er ist äußerst penibel, seine Akten sind immer genauestens sortiert, aber er besitzt auch eine große Empathie, die sich zeigt, wenn er aus den wenigen Bruchstücken fremder Biographien eine feierliche Trauerrede für den Priester vorbereitet oder unermüdlich entfernte Bekannte der Toten aufspürt und zu überzeugen versucht, diesen vielleicht doch die letzte Ehre zu erweisen.

In der letzten halben Stunde nähert sich der Film mit einigen dramaturgisch geschickten Wendungen seiner berührenden letzten Einstellung. Mr. May ist ein kurzer Moment der Hoffnung vergönnt, obwohl er auf der Straße steht, nachdem sein Arbeitsplatz wegrationalisiert worden ist. Das bleibt aber der einzige Lichtstrahl in diesem bedrückenden Film. Wer in Still Life geht, muss sich auf den wohl traurigsten Film dieses Kinojahres gefasst machen, der sein Publikum mit bitteren Wahrheiten über Einsamkeit und emotionale Verwahrlosung konfrontiert und der mit seinem sehr entschleunigten Rhythmus Sehgewohnheiten herausfordert.

Der zweite Film, der in dieser Woche vorgestellt werden soll, ist die Dokumentation Amma und Appa von Studenten der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen. Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian sind ein Paar. Ein Jahr lang haben sie die Beziehung zunächst vor den Eltern geheim gehalten, bis Jays Eltern ihm eine Heiratskandidatin präsentieren. Für sie ist es selbstverständlich, dass er nach seinem Kunststudium in Europa zurück in ihre südindische Kleinstadt kommen, eine Frau aus derselben Kaste heiraten und im Alter für sie sorgen soll. Die Vorstellung einer Liebesheirat ist ihnen fremd, bei ihnen ist es schließlich auch nicht anders gewesen. Aber auch die oberbayerischen Eltern von Franzi müssen erst mal schlucken, als ihnen ihr zukünftiger dunkelhäutiger Schwiegersohn vorgestellt wird. Es kommt zu einem Culture Clash, als Familie Schönenberger in ihrer Tracht nach Indien aufbricht und Amma und Appa von Jay kennenlernt.

Vieles ist etwas zu langatmig, aber wahrscheinlich sollte der Film so auf die übliche und besser vermarktbare Länge von 90 Minuten gestreckt werden. Außerdem wirken Franzis Off-Kommentare überflüssig und manchmal etwas naiv. Wenn man über diese Schwächen hinwegsieht, erhält man interessante Einblicke, wie zwei Familien mit dem überraschenden Einbruch einer fremden Kultur in ihre bisher so überschaubar-wohlgeordnete Welt umgehen. Positiv hervorzuheben sind auch die lustigen Animationen des Kunststudenten Jay.

Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit

Amma und Appa

Beide Filme starteten am 4. September 2014.

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