„Der Garten des Blinden“: Pakistan nach 9/11

Die Programmreihe Literaturen der Welt des internationalen literaturfestivals berlin ist traditionell eine Fundgrube, um hierzulande noch recht unbekannte Autoren kennenzulernen. Am zweiten Abend des Festivals kam Nadeem Aslam aus London ins Haus der Berliner Festspiele.

Als Sohn eines kommunistischen Regisseurs und einer streng gläubigen Muslimin musste er im Alter von 14 Jahren aus Pakistan nach Großbritannien fliehen. Auch in seinem vierten Roman Der Garten des Blinden, der im April bei DVA erschien, kehrte er literarisch in die Heimat seiner Eltern zurück. Unmittelbar nach 9/11 ist das Land aufgewühlt, Jeo und Mikal, die Hauptfiguren des Buches, ziehen über die Grenze nach Afghanistan und wollen sich dem Kampf der Taliban gegen die USA anschließen. Schnell geraten sie zwischen die Fronten, in einen Hinterhalt und in Gefangenschaft der Taliban. Als ihr Vater ebenfalls ins Nachbarland reist, um sie freizukaufen, wird ihm Rubinpulver in die Augen gestreut, so dass er blind wird.

Im Zentrum der Handlung steht der Abwehrkampf liberaler Muslime gegen die Steinzeit-Fundamentalisten. Präzise recherchierte Schilderungen wechseln sich mit Metaphern aus der Welt des Magischen Realismus ab. Der sehr gut vorbereitete Moderator Bernhard Robben, der das Buch auch aus dem Englischen übersetzt hat, entlockte dem Autor Nadeem Aslam einige interessante Erklärungen zu seiner selbst in Künstlerkreisen ungewöhnlichen Schreibweise. Aslam versenkt sich tief in den Schreibprozess, dunkelt alle Fenster ab und schreibt vorzugsweise nachts. Er lässt sich Essen bringen und verlässt das Haus lange Zeit nicht mehr, so dass eine Lesung bei der lit.cologne fast daran gescheitert wäre, dass er zunächst seine Schuhe suchen musste, die unter Spinnweben eingesponnen waren. Wenn er über Blinde oder Verletzte schreibt, die nach einem Unfall nur noch drei Finger haben, klebt er sich die Augen mit einer Klappe ab oder bindet die Zeigefinger zurücck, um sich so authentisch wie möglich in seine Figur einzufühlen.

Die ersten Besprechungen in NZZ und taz urteilten recht wohlwollend über die politisch engagierte Neuerscheinung.

Der Garten des Blinden von Nadeem Aslam: 429 Seiten

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