Bei der Oscar-Verleihung bleiben gewöhnlich die Arrivierten und Alphatiere der Branche unter sich. Damien Chazelle und seinen beiden Hauptdarstellern Miles Teller und J. K. Simmons ist es mit Whiplash gelungen, in diese Phalanx einzubrechen und in der vergangenen Woche drei der begehrten Trophäen mit nach Hause zu nehmen.
Regisseur Chazelle ist vor ein paar Wochen dreißig geworden. Auch sein Debütfilm Guy and Madeline on a Park Bench (2009) spielte bereits im Jazz-Milieu, fand aber keine größere Beachtung. Als No-Name bemühte er sich lange vergeblich um eine Finanzierung für seinen zweiten Film Whiplash. Immerhin konnte er als ersten Schritt einen Kurzfilm realisieren, der beim Sundance-Festival 2013 so reüssierte, dass Chazelle genug Geld bekam, um im Jahr darauf auch die Langfilm-Version von Whiplash vorstellen zu können. Die Weltpremiere seines Films wurde in Sundance gefeiert, er wurde mit dem Publikums-Award und dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet.
Auch die beiden Hauptdarsteller zählten bislang nicht zur ersten Garde Hollywoods: Miles Teller tauchte vor allem in belanglosen Teenie-Komödien auf, J. K. Simmons musste sich mit den Nebenrollen in Blockbustern wie Sam Raimis Spider-Man-Reihe begnügen.
Dem Trio gelangen packende Szenen im Probenraum eines Musik-Konservatoriums, das der New Yorker Juilliard School nachempfunden ist. Der gefürchtete Schleifer Fletcher wird auf den jungen Studenten Andrew aufmerksam und treibt ihn an seine Grenzen. Wüste, fäkalsprachliche und sexuell konnotierte Beschimpfungen, Übungs-Drill bis die Finger bluten und Psycho-Machtspielchen ergeben eine sadistische Tortur, die nur einem Ziel dient: Der Musik-Professor, den Tobias Kniebe in der SZ als Nemesis und Folterknecht bezeichnet, will an seinem Institut eine neue Jazz-Legende wie Charlie Bird Parker formen. Er ist fest davon überzeugt, dass dies nur mit härtesten Bandagen geht, und versucht seine Schützlinge deshalb mit Demütigungen, Schikanen und Angst dazu zu bringen, über sich hinaus zu wachsen. Sein Credo: es gebe nichts Schlimmeres, als Schüler mit einem Good Job! zu loben, da dies nur dazu führe, das sie sich auf Lorbeeren ausruhen und nicht weiter um Höchstleistungen ringen.
Whiplash hat intensive Momente, die vor allem in den Momenten der direkten Konfrontation zwischen den Protagonisten kulminieren, und – wie es sich für einen Psycho-Thriller gehört – überraschende Wendungen. Ob die Auflösung am Ende wirklich überzeugt, muss jeder Zuschauer selbst entscheiden.
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