Die vier Protagonisten in Unerträglich lange Umarmung, das der russische Autor und Theater-Direktor Iwan Wyrypajew im Auftrag des Deutschen Theaters Berlin geschrieben hat, haben eine Marotte, die wir von Lothar Matthäus kennen: sie sprechen von sich selbst am liebsten in der dritten Person. Und sie haben noch etwas mit Lothar Matthäus gemeinsam: Das Publikum fragt sich, ob sie ihre wortreichen Ausführungen wirklich ernst meinen.
Regisseurin Andrea Moses und die vier Schauspieler Julia Nachtmann, Franziska Machens, Moritz Grove und Daniel Hoevels konfrontieren das Publikum mit einem zähen Brei aus Lebensweisheiten von Menschen Anfang 30, die an der Konsumkultur und der „Plastewelt“ leiden und sich in Gesprächen mit dem Universum nach Impulsen, einer besseren Alternative zu ihrem bisherigen spirituellen Vakuum und wahrer Gemeinschaft in einer anderen Galaxis sehnen. So geht das fast zwei Stunden, die schlimmsten Stilblüten hat Matthias Weigel treffend zusammengefasst.
Was also tun mit dieser Auftragsarbeit? Am besten gleich wieder in der Schublade verschwinden lassen? Wäre vielleicht besser so.
Auf den Autor Wyrypajew lohnt sich dennoch ein zweiter Blick, wie die Einführung des Dramaturgen Claus Caesar – der lohnendere Teil des Abends – deutlich machte.
Er schwärmte so sehr von der „puren Energie“ und der „rhythmisierten Sprache“ von Sauerstoff, die zweite Arbeit des damals 30jährigen Russen, die bei den Wiener Festwochen für Furore sorgte und anschließend von Andreas Kriegenburg am Thalia in Hamburg nachgespielt wurde, dass die Zuhörer neidisch werden konnten, dass sie diese Inszenierungen nicht miterlebt haben.
Interessant waren auch die Hintergrundinfos über Wyrypajews Arbeit als Direktor des Theaters Praktika in Moskau. Sein Haus wird von Oligarchen wie Roman Abramowitsch finanziert, die kompromisslose Stücke fordern, und wird vor allem von kritischen Studenten besucht.