Theaterabend zwischen Popkultur und Waziristan
Jan-Christoph Gockel taucht in seinem Stück „Ramstein Airbase – Game of Drones“ tief in seine Jugenderinnerungen ein: Er ist im Pfälzer Wald aufgewachsen, in der Nähe des US-Militärareals Ramstein.
Dieser Ort ruft sofort drei Assoziationen hervor: die Bilder des Unglücks bei einer Flug-Leistungsschau im Jahr 1988; die martialischen Klänge der Band „Rammstein“, die sich danach benannt hat; und in jüngster Zeit vor allem die Presseberichte und Vorwürfe, dass Ramstein eine Schlüsselrolle bei den US-Drohnenkriegen gegen Terrorverdächtige im Nahen und Mittleren Osten von Jemen bis Waziristan spiele.
Der weniger als 90 Minuten kurze Abend versucht, sich spielerisch an seine komplexen Themen heranzuarbeiten. Gockel zitiert munter die US-Popkultur: von Tom Cruise in „Eine Frage der Ehre“ über die Bill Cosby-Show bis zu „Game of Thrones“ werden bekannte Motive in die Dialoge auf der Bühne eingeflochten oder auch gerne im Hintergrund per Video eingespielt. Monika Dortschy kommt sogar im Marilyn Monroe-Kostüm auf die Bühne.
Der zweite Teil des Abends wird politischer: Interviews mit Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights) und dem Whistleblower Brandon Bryant, der sowohl am Staatstheater Mainz als auch vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages ausführlich über seine Mitarbeit beim US-Drohnenprogramm aussagte. Monika Dortschy zieht eine Burka über ihr Marilyn-Kostüm und spielt eine Zeugin, die über den Angriff auf ihr Wohnhaus in Waziristan berichtet.
Die sprunghafte Collagetechnik bringt einige geradezu geniale Momente hervor: die Überblendung von Ausschnitten aus der erwähnten Cosby-Show und einer Obama-Rede ist exzellent gemacht und eröffnet neue Perspektiven auf das seit einigen Jahren breit debattierte Drohnen-Thema. Manchmal schießen Gockel und seine drei Spielerinnen und Spieler aber auch über das Ziel hinaus: Der kluge und besonnene Anwalt Wolfgang Kaleck wird bei Sebastian Brandes zu einer Karikatur.
Vom Dokumentartheater im Stil von Hans-Werner Kroesinger ist dieser Abend weit entfernt: der Ansatz ist sowohl spielerischer als auch oberflächlicher. Aber Gockel gelingt ein Theaterabend, der gut unterhält und es im besten Fall schafft, ein jüngeres Publikum dazu zu bringen, sich noch intensiver mit den Drohnenkriegen im allgemeinen und der Verstrickung der Bundesrepublik Deutschland im besonderen zu befassen.
Bildrechte: Andreas Etter