50 Grades of Shame

Im Untertitel nennt das Kollektiv „She She Pop“ seine neue Inszenierung „50 Grades of Shame“ einen „Bilderbogen“ nach Wedekinds „Frühlings Erwachen“.

Die Stammbesetzung (Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Ilia Papatheodorou und ihr Quotenmann Sebastian Bark) hat sich mit einigen Gästen (dem Franzosen Jean Chaize, der von der Schaubühne bekannt ist, dem jungen Künstler Jonas Maria Droste, der erfahrenen Schauspielerin Susanne Scholl und der Teenagerin Zelal Yesilyurt) zusammengetan. Mit erfrischender, oft anarchischer Komik lassen sie die Geschlechterrollen durcheinanderpurzeln.

In einer Parodie auf den Frontalunterricht, unter dem Schülergenerationen wie vor allem die Figuren aus Wedekinds satirischer Pubertäts-Tragikomödie litten, treten sie abwechselnd ans Pult und erteilen dem Publikum „Lektionen“ über Scham und Sexualität.

Der etwas mehr als anderthalbstündige Abend baut auf einer durchaus pfiffigen Idee auf: Die Körper von Männern und Frauen, Jung und Alt werden in einer Live-Performance vor schwarzen Leinwänden zu androgynen, die Sehgewohnheiten herausfordernden Wesen neu zusammengesetzt.

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Waschbrettbäuche zu faltigen Beinen, darüber im einen Moment ein Frauen-Kopf, im nächsten Augenblick ein Männer-Torso: die bunte Truppe ist ständig in Aktion und zieht mit ihrer Bilderrevue die Blicke auf sich, während die Texte von Wedekind und E.L. James (Motive aus „Fifty Shades of Grey“) im Hintergrund vorbeirauschen.

Seltener als von „She She Pop“ gewohnt bauen die Performerinnen und Performer auch autobiographische Erfahrungen auf. Überraschend ist auch, dass ihre neue Arbeit weniger fokussiert ist. Mit großer Spielfreude schwirren alle Beteiligten über die Bühne und bieten großen Unterhaltungswert. Wie aber schon die Kritiken nach der Uraufführung in den Münchner Kammerspielen im März 2016 anmerkten, bleibt der Erkenntnisgewinn überschaubar.

Premiere der Berliner Version von „50 Grades of Shame“ im HAU 1 am 19. Oktober 2016. Weitere Informationen und Termine

Bilder: Dorothea Tuch (Vorschaubild) und Benjamin Krieg

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