Your very own double crisis club

Die Bühnenarbeiter bahnen sich auf der Hinterbühne der Kammerspiele des Deutschen Theaters unerbittlich ihren Weg. Sie schleppen Tische und zerren schwere Schränke herbei: Felix Goeser und Judith Hofmann in ihren Strickjacken sollen es unter dem röhrenden Hirschgeweih endlich wieder schön haben. Die sechs Studentinnen und Studenten der UdK, die bis dahin das Klagelied der Flüchtlinge anstimmten, stören nur noch. Sie werden weggeschubst, in die Ecke gedrängt oder am besten gleich komplett ignoriert.

Dies ist die Pointe von András Dömötörs Uraufführung von „Your very own double crisis club“, den die israelische Autorin Sivan Ben Yishai zu den Autorentheatertagen des Deutschen Theaters Berlin eingereicht hat. Diese Schlussszene ist ein passender Kommentar zum aktuellen Wahlkampf, bei dem die Flüchtlinge als sprichwörtlicher Elefant im Raum stehen. Während die italienische Regierung und NGOs Alarm schlagen, dass die Zahlen der Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer steil ansteigen, kehren Merkel und Seehofer ihre Differenzen unter den Teppich und spielen dem geneigten Publikum ein angeblich harmonisches Polit-Ehepaar vor. Über die richtigen Konzepte zur Integration der Flüchtlinge spricht am liebsten niemand.

Bis zu diesem Finale setzt „Your very own double crisis club“ immer wieder neu an und verwendet dabei, wie Fabian Wallmeier in seiner rbb-Besprechung kritisch anmerkte, viele altbekannte Mittel. Wie zuletzt schon in mehreren Arbeiten geht es auch hier um die Schwierigkeit der Flüchtlinge, einem im sicheren Wohlstand lebenden Publikum ihre Geschichten zu erzählen, ohne dass es in „wohlsubventionierter Immigrantenpoesie“ endet.

YOUR VERY OWN DOUBLE CRISIS CLUB

Das Sextett in seinen pyjama-artigen Kitteln fällt immer wieder aus der Rolle, spricht das Publikum direkt an und müht sich dann durch die nächste Schleife der Kriegs- und Fluchterlebnisse. Die Sprache ist wuchtig und drastisch, am wirkungsvollsten ist der Text, wenn ihn die Autorin selbst als Tonbandaufnahme spricht. Im raffinierten Spiel mit den Ebenen und beim chorischen Sprechen des UdK-Nachwuchses geht jedoch viel von der Kraft des Textes verloren. Judith Hofmann tobt sich außerdem mit einem überlangen Monolog voller Schwanz-Metaphern aus, während sie durch die leeren Sitzreihen turnt, die das Publikum von der Hinterbühne aus miterlebt.

Das schönere Erlebnis war, dass Maren Eggert anschließend mal wieder live zu erleben war. Zwar „nur“ an der Bar und nicht auf der großen Bühne, aber mit eindrucksvoller Stimme. Gemeinsam mit ihrem Mann Peter Jordan und von einer dreiköpfigen Band begleitet sang sie unter dem Motto „Home is where the heart is“ Country- und Blues-Songs. Der Abend wurde zwar schon 2012 konzipiert, hat aber auch beim zweiten Zuhören nichts von seiner positiven Energie verloren.

Bilder: Arno Declair

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