Attila, the Hun

„Mythen der Wirklichkeit“ nennt sich eine kleine, unregelmäßig aufgenommene Reihe im Studio Я des Gorki Theaters. In politisch engagierten, kurzen Performances ist man dort den Mythen und Heldenerzählungen auf der Spur, die rechtspopulistische Ideologen so gerne auf dem Banner vor sich hertragen.

Der erste Teil („Die zwei Monddiebe“), der sich mit der PiS-Partei und den Kaczynski-Zwillingen befasste, konnte überzeugen. Der aktuelle dritte Teil funktioniert nicht mehr ganz so gut. Mit dem Ungarn András Dömötör hat man zwar einen begabten Regisseur verpflichtet, der den Spagat zwischen den unterschiedlichen ästhetischen Handschriften des Gorki Theaters und des Deutschen Theaters in den vergangenen Jahren überraschend gut geschafft hat. Außerdem wählte man mit „Attila, The Hun (Solo) and the magical (Laser) Sword“ einen vielversprechenden Stoff. Auch die Besetzung mit Mareike Beykirch und dem Ungarn Lehel Kovács, der mit seinem anarchischen Humor die „Götter“-Performance zur Einweihnung der DT-Probebühne 2015 aufgemischt hat, auf der Bühne und mit Lea Draeger und Ruth Reinecke als Sprecherinnen aus dem Off kann sich sehen lassen.

Aber dem Abend fehlt diesmal der Biss. Die bekannten Zutaten des Dömötör-Stils sind wiederzuerkennen: eine diesmal besonders heftige Prise Mitmachtheater (eine Freiwillige stieg mit Schutzanzug in den Container), die übliche Ironie und turbulente Dispute zwischen den beiden Schauspielern lockern den Abend auf, der jedoch lange braucht, bis er an sein Ziel kommt.

Nach dem Vorgeplänkel (Mareike Beykirch gibt sich als Archäologin aus, die behauptet, dass sie Attila, die gefürchtete „Geißel Gottes“ gefangen hat) darf Kovács erst auf der Zielgeraden richtig loslegen und gegen Überfremdung wettern. Ungarn, das so wesentlich zum Fall des Eisernen Vorhags beigetragen hat, werde von den anderen Europäern bei der Verteidigung des Abendlands im Stich gelassen.

Wutschnaubend verlässt er die Bühne und zertrümmert den Nebenraum, nur sein Geschrei ist noch zu hören. Ähnlichkeiten mit realen Personen wie Victor Orbán sind bewusst und unausweichlich.

Bild: Maxim Gorki Theater

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