A walk on the dark side

Yael Ronen, Hausregisseurin am Gorki Theater, stellt uns in ihrer neuen Stückentwicklung eine schrecklich nette Familie vor: zwei begabte Astrophysiker reisen mit ihren Partnerinnen in die Uckermark, um die Preisverleihung für den Nerd Immanuel (Dimitrij Schaad) zu feiern. Er begrüßt das Publikum mit einem ausführlichen Vortrag über den Urknall und die schwarze Materie, feuert Daten und Fakten wie Giftpfeile ab, bis uns der Kopf schwirrt und sein Bruder Mathias (Jonas Dassler) eingreift. Dieser hat auf Youtube und bei den TED-Talks Erfolg mit populärwissenschaftlichen Vorträgen über Dunkle Materie, Dunkle Energie und Schwarze Löcher.

Jenseits der Physik entspinnt sich ein klassisches Beziehungsdrama zweier Paare mit einigen amüsanten Pointen. Den schrägen Rollenspielchen von Mathias mit der eben aus der Psychiatrie entlassenen Magda (Lea Draeger) schaut man ebenso gerne zu wie den neurotischen Streitgesprächen zwischen Immanuel und seiner Mania (Orit Nahmias).

Der knapp zweistündige Abend kommt aber erst auf Betriebstemperatur, als in der Uckermark plötzlich der Halbbruder David (Jeff Wilbusch) auftaucht. Das Ex-Residenztheater-Ensemble-Mitglied verleiht seiner Figur mit seiner Sonnenbrille und einem Schuss Maximilianstraßen-Schnöseligkeit die nötige Mischung aus Aalglattheit und Zwielichtigkeit. Mit der leitmotivisch wiederkehrenden düsteren Musik von Leonard Cohen („You want it darker“) gewinnt der Abend, der langsam bei Psychodrama-Motiven ankommt, an Kontur.

„A walk on the dark side“ ist handwerklich solide gemachte Unterhaltung einer Könnerin, die diesmal aber doch deutlich hinter ihren stärksten Stücken zurückbleibt. Dem Abend fehlt der richtige, schwarzhumorige Biss. Schaads Stephen Hawking-Parodie ist auch hart an der Grenze des guten Geschmacks. Ungewöhnlich, aber legitim ist, dass Ronen die Politik, die in ihren besten Inszenierungen auf humorvolle Art im Zentrum steht, diesmal komplett außen vor lässt. Bei einem Physiker-Ausflug in die Uckermark hätte man auch anderes erwarten können… Dafür wird das Publikum mit einer unterhaltsamen Tennis-Pantomime von Schaad und Dassler entschädigt.

Bild: Esra Rotthoff

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