Die Präsidentin

Der Einlass ins Kleine Haus der Ruhrfestspiele verzögerte sich ca. 15 Minuten wegen „technischer Probleme“. Als das Publikum endlich Platz nehmen darf, herrscht auf der Bühne noch hektische Betriebsamkeit. Alle packen mit an, vom Bühnentechniker bis zur Hauptdarstellerin Corinna Harfouch, die an diesem Abend in die Rolle der Front National-Einpeitscherin Marine Le Pen schlüpfen soll.

„Sind die mit dem Bus gerade erst aus Magdeburg angekommen?“, wundert sich ein Besucher. Das Geräume nimmt kein Ende. Was zu Beginn noch halbwegs koordiniert schien, entpuppt sich als ziellose Kulissenschieberei. Genervte Zwischenrufe, ironisches Klatschen. Corinna Harfouch tritt an die Rampe und poltert: Es ist eh alles so schlimm. Theater kann nichts mehr bewirken. Deswegen haben wir uns entschieden, zwei Stunden lang nur alles hin- und herzuschieben.

Was nun folgt, macht die Sache nicht besser. Die Koproduktion „Die Präsidentin“ des Theaters Magdeburg und der Ruhrfestspiele Recklinghausen war als Uraufführung der gleichnamigen Comic Novel der beiden Franzosen Francois Durpaire und Farid Boudjellal angekündigt, die den Gedanken weiterspannen, was passiert wäre, wenn vor einem Jahr nicht Emmanuel Macron, sondern Marine Le Pen zur Präsidentin gewählt worden wäre.

Unter der Regie von Cornelia Crombholz verkommt dies zur Farce mit klischeehaften Theatermitteln aus der Polittheater-Mottenkiste. Corinna Harfouch setzt sich eine alberne Pappkrone auf, stottert sich mit verschmierter Clownsschminke durch eine Rede ans Volk und wird von einer Truppe unfähiger Knallchargen und Hofschranzen umlagert.

Mäßig komisch schleppt sich der Abend dahin. Harfouch tritt noch mal aus der Rolle und erklärt: Bei den Proben habe man lange nicht gewusst, wie man auf die Weltlage und all die Probleme reagieren soll. Dann habe man auf einm Magazin-Titelbild Trump und seine Minister als Clowns abgebildet gesehen. Deshalb sei man auf diesen Spielstil verfallen.

Gegen den Rechtspopulismus und Trump kommt man mit derart ironisch zur Schau getragener Ratlosigkeit keinen Milimeter weiter. „Ging so“ und „durchwachsen“: so lauteten die euphemistischen Satzfetzen des Publikums auf dem Heimweg. Schade, dass Gerhard Stadelmeier schon im Ruhestand ist. Er hätte sicher die richtigen Worte für diese fade Veranstaltung gefunden. Auf der Webseite der Ruhrfestspiele wird er zitiert: „Die Diktatorin in der Warteschleife, gespielt von einer Schauspielerin, deren einzigartige Bühnenpräsenz Gerhard Stadelmaier in der FAZ einmal die „Kunst des Raubtiers“ nannte, die Schauspielerin selbst eine „blitzgescheite Beherrschungsberserkerin“. Hinter den hier geschürten Erwartungen blieb „Die Präsidentin“ meilenweit zurück.

Bilder: Nilz Böhme

One thought on “Die Präsidentin

  1. Evelin Reply

    Der Kritik kann ich 100 prozentig zustimmen. Schade für eine so grandiose Schauspielerin, ihre Fähigkeiten und Persönlichkeit zu konterkarieren. —
    Oder hab ich alles nicht kapiert und bin eine „Kulturbanausin“???

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