„Delete“ – „Ignore“ – „Delete“ – „Ignore“: sogenannte „Content Manager“ wühlen sich durch den Datenmüll auf Facebook, Twitter, YouTube und Co. Die Gewaltvideos des IS, Nazi-Parolen, Pornografisches und Karikaturen nehmen diese Mitarbeiter von Drittfirmen unter die Lupe. Der weltweit größte Hotspot für diese Drecksarbeit im Sumpf des Netzes ist Manila, der Hauptstadt der Philippinen: tiefkatholisch, arm und Amtssitz des machohaft-aggressiv auftretenden Präsidenten Duterte.
Die Silicon Valley-Firmen verweigerten den beiden Dokumentarfilmern Hans Block und Moritz Riesewick ein Interview und verboten auch ihren Mitarbeitern jeglichen Kontakt. Nur Aussteiger berichten über ihre Erfahrungen, vor der Kamera oder in anonymen Mails: Über die Wertmaßstäbe, nach denen sie binnen Sekunden den Daumen heben oder senken müssen, ihre Aufpasser, die ihre Arbeit stichprobenartig überprüfen, ständig im Nacken. Über den Druck, bestimmte Quoten erfüllen zu müssen. Über die psychische Grenzerfahrung und den Ekel, ständig mit Kindesmissbrauch und brutaler Gewalt konfrontiert zu sein und nie vorspulen oder etwas überspringen zu dürfen. Aber auch über den anfänglichen Stolz, für Recht und Ordnung zu sorgen, dazu beizutragen, dass Schmutz und Hass entfernt werden.
Die Dokumentation „The Cleaners – Im Schatten der Netzwelt“ wirft vor allem Fragen auf: Nach welchen Kriterien wird hier zensiert? Wie lässt sich Satire von Hasspropaganda unterscheiden? Eine US-amerikanische Künstlerin erzählt, wie plötzlich ihre gesamten Accounts gesperrt waren, als sie eine Karikatur von einem nackten, impotenten Trump mit zu kleinem Geschlechtsteil unter der ironischen Überschrift „Make America great again“ postete.
Im Lauf der Recherchen geriet vor allem Facebook in den Fokus: Wie kooperiert Mark Zuckerbergs Netzwerk mit der Türkei, deren Präsident Erdogan bekanntlich besonders dünnhäutig auf Schmähungen und Kritik reagiert? Aufschlussreich sind die Dokumentaraufnahmen lavierender Facebook-Manager vor Ausschüssen des US-Senats, die allen Nachfragen ausweichen.
Klare Lösungen hat der Film „The Cleaners“, der auf den Dokumentarfilm-Festivals von Sundance bis München lief und nun in den Programmkinos startete, nicht parat. Sein Ziel ist es, die geheime, dunkle Welt dieser outgesourcten Lösch-Zentren wenigstens ein bisschen transparenter zu machen und die richtigen Fragen zu stellen.
„The Cleaners“ ist die Fortsetzung eines Recherche-Projekts, das bereits zum Dokumentartheater-Stück „Nach Manila“ am Schauspiel Dortmund (gemeinsam mit Laokoon) und zum Buch „Digitale Drecksarbeit. Wie uns Facebook und Co. von dem Bösen erlösen“ führte.
Bilder: © Gebrueder Beetz Filmproduktion