Oliver Reese hat seine Adaption des „Blechtrommel“-Wälzers von Günter Grass ganz auf Nico Holonics zugeschnitten. Mit spitzbübischem Zahnlücken-Grinsen erzählt, spielt und trommelt sich Holonics durch eine kraftraubende Solo-Show, die in der klebrigen Mai-Hitze besonderen Respekt verdient.
Auf der kargen Bühne steht Holonics allein: unter sich den Sand, die rot-weiße Trommel in der Hand, um sich die Leere. Alleingelassen von seinem Regisseur und Intendanten in Personalunion, der seine auf zwei Stunden gekürzte Strichfassung des berühmten Buchs wie eine „spärlich illustrierte Lesung“ (SPIEGEL Online über die Frankfurter Premiere 2015) der markantesten Stellen anlegt.
Dementsprechend zwiespältig ist der Eindruck dieses Theaterabends: auf der einen Seite ein Schauspieler, der wie um sein Leben spielt, der viele Register des Kindskopfs, des Schalks und des Clowns zieht und dafür stehende Ovationen aus dem Publikum ernet. Auf der anderen Seite der fehlende Rahmen für dieses Kunststück. Die Theaterfassung ist so stark gekürzt, das kaum noch auszumachen ist, was der Abend über die Kunstfertigkeit des Hauptdarstellers hinaus eigentlich erzählen will. Der gesamte politische und historische Kontext dieses barockartig ausufernden Schmelmenromans, mit dem der junge Grass die biedere Adenauer-Ära aufmischte und in den verdrängten Wunden der NS-Zeit, geht an diesem Abend verloren.
Die aus Frankfurt ans BE mitgebrachte Inszenierung kommt auch beim Berliner Publikum überraschend gut an. Das unterhaltsame Solo bleibt aber bei einer Nummernrevue stecken und wäre erst dann ein großer Theater-Abend geworden, wenn er noch tiefer in die Roman-Vorlage eingestiegen wäre.
Bilder: Birgit Hupfeld