An Tagen wie diesen, an denen Verfassungsminister Horst Seehofer die Migranten pauschal zu Sündenböcken erklärt, an denen Verfassungsschutz-Präsident Maaßen den Augenzeugenberichten widerspricht, dass von Hetzjagden durch Chemnitz nicht die Rede sein könne, an denen es im politischen Diskurs brodelt und die Gesellschaft gespalten ist…. Ja, an Tagen wie diesen ist es eine Wohltat, sich nostalgisch zurückzuerinnern an eine übersichtlichere, entschleunigtere Zeit.
Lilja Rupprecht lädt das Publikum im Studio der Schaubühne auf eine Zeitreise in die Berliner Kunst-, Party- und Drogenszene des Jahres 1998 ein. Rainald Goetz fing den damaligen Zeitgeist in seiner Textfläche „Jeff Koons“ nach einem damals sehr angesagten Star der Kunstszene ein.
Moritz Grewenigs Videoeinspieler und die Beats von Romain Frequency eröffnen den zweistündigen Abend, der in der Folge zwischen Kindergeburtstag und lustvoller Feier von Künstler-Klischees pendelt, mit Reizüberflutung. Die vier SpielerInnen Damir Avdic, Iris Becher, Kay Bartholomäus Schulze und Lukas Turtur haben sichtlich Spaß daran, auf den Schmierspuren der Schwarzwälder Kirsch-Torte auf dem Boden zu rutschen, sich abseitige Perücken aufzusetzen und sich in die zu Karikaturen überzeichneten Rollen aus der Kunst- und Galerien-Blase hineinzuwerfen.
„Jeff Koons“ ist ein Publikumsrenner auf der ausverkauften Studiobühne: ein komischer Abend, an dem sich das Ensemble richtig austoben darf und ausgewählte ZuschauerInnen mit Sektglas bei der Vernissage mit anschließender Bondage-Aktion live auf der Bühne dabei sein können. Die Kritiken waren nach der Premiere im Juni zurecht verhaltener. Auf die Dauer ermüdet diese schrille Nostalgie-Show etwas, da sie zu eindimensional in unterschiedlichen Varianten immer dasselbe erzählt: Sie porträtiert eine Künstlerclique, die narzisstisch nur um sich selbst kreist, und taucht in eine Zeit an, als man sich diesen Luxus noch erlauben konnte. Wie sich die Zeiten geändert haben, wird einige Meter weiter in Falk Richters „Fear“ thematisiert und ist in den Sozialen Medien und auf den Straßen nicht mehr zu übersehen.
Bilder: Arno Declair