Klassisch-elegant zelebrieren die „Rosas“ Anne Teresa de Keersmaekers Choreographie zu Johann Sebastian Bachs Brandenburgischen Konzerte – so gediegen, wie man es von der belgischen Grande Dame des zeitgenössischen Tanzes gewohnt ist. Sie bespielt die gesamte Tiefe und Breite der Volksbühne von der Rückwand bis zur Rampe.
Zentrales Thema des knapp zweistündigen Abends ist der Gegensatz zwischen Chaos und Ordnung. Im Gleichschritt beginnt der Abend. Die Tänzer*innen schreiten frontal auf das Publikum zu, mit erhobenem Haupt, durchgestrecktem Rücken. Die Wiederholung erinnert an freudlosen, preußischen Drill.
Nach und nach treten im Verlauf der sechs Konzerte, die von einem Nummern-Boy angekündigt werden, die Solist*innen stärker in den Vordergrund. Unterschiedliche Rhythmen und Bewegungen treffen aufeinander, der „Gleichschritt-Marsch“-Stil wird ironisch gebrochen.
Momente großer Klarheit und wild durcheinanderwirbelnder Körper (vor allem zum Fünften Brandenburgischen Konzert, das als Publikumsliebling natürlich das meistbeklatschte Highlight des Konzert/Tanz-Abends war) wechseln sich ab.
Langanhaltenden Applaus vor vollem Haus ernteten die sechzehn Tänzer*innen aus drei Generationen der „Rosas“-Compagnie, die Choreographin Anne Teresa de Keersmaeker, die Violinistin Amandine Beyer und das B´Rock Orchester aus Gent nach der Uraufführung zum Auftakt dieser Übergangs-Spielzeit an der Volksbühne. Die Produktion ist an den nächsten drei Abenden dort zu erleben und wurde noch von Chris Dercons Team intiiert und geplant, dessen Intendanz schon nach wenigen Monaten abrupt endete.
Bilder: Anne van Aerschot