Alles ist gut

Janne (Aenne Schwarz) ist fest entschhlossen: sie will sich nicht in die Rolle des Opfers drängen lassen. Bei einem Klassentreffen lernte sie den schmierigen Martin (Hans Löw) kennen. Sie tranken, scherzten, flirteten, gingen gemeinsam nach Hause. Als sie eindeutige Stoppsignale sendete, ging er dennoch den entscheidenden Schritt zu weit.

Nach dem Motto „Alles ist gut“ möchte Janne einfach über die Vergewaltigung hinweggehen. Regisseurin Eva Trobisch sagte in einem Interview, dass ihre Hauptfigur versucht, das Ganze als anderthalb Minuten schlechten Sex abzubuchen.

Martin kommt mit schlechtem Gewissen zu ihr. Janne wurde, nachdem ihr Nischen-Verlag, den sie mit ihrem Freund Piet (Andreas Döhler) und einem vor kurzem von Bord gegangenen Dritten über sieben Jahre mühsam aufgebaut hat, Insolvenz anmelden musste, von ihrem alten Bekannten Robert (Tilo Nest) eine Elternzeit-Vertretung angeboten. Dort sind Martin und Janne zwangsläufig wieder miteinander konfrontiert: Martin wuselt nicht nur als Unternehmensberater füt die anstehende Fusion in Roberts Verlagshaus durch die Gänge, sondern ist auch noch der Schwager von Jannes Chef Robert.

Janne bleibt dabei: Sie will die Starke sein und lässt Martin, der immer unsicherer wirkt und in seiner Hilflosigkeit stammelt, ob er irgend etwas für sie ihn tun könne, auflaufen. Mit einer Mischung aus Ironie und Schnoddrigkeit demonstriert sie ihm ihre scheinbare Überlegenheit und was er für ein Würstchen ist. Nur bei einem Saunabesuch mit ihrer Mutter deutet Janne kurz an, was in jener Nacht passiert ist, blockt bei Nachfragen aber komplett ab.

Ihr Versuch, das Geschehene nicht an sich heranzulassen, geht nur auf den ersten Blick auf. Die nach dem gemeinsam gescheiterten Start-Up ohnehin angespannte Beziehung mit Piet scheitert: sie lässt ihn nicht mehr an sich heran, erzählt nicht, was sie bewegt und stößt ihn dann endgültig vor den Kopf, als er erfährt, dass sie ein Kind abtreiben lässt, das vermutlich von der Vergewaltigung stammt, von der er nichts weiß. In ihrer neuen Firma bleibt Janne ein Fremdkörper: Für Robert ist sie vor allem ein Kummerkasten, da ihn die ständigen Vorwürfe seiner jüngeren Freundin Sissi (Lisa Hagmeister) umtreiben.

„Alles ist gut“? – Am Ende ist natürlich nichts gut. Eva Trobisch erzählt in ihrem Abschlussfilm an der HFF München sehr lakonisch von einer Literaturbetriebs-Clique und den vergeblichen Versuchen von Janne, sich durchzukämpfen. Ihr Kammerspiel wurde in Locarno als bestes Debüt ausgezeichnet und räumte davor beim Filmfest München in der Sektion „Neues Deutsches Kino“ gleich vier Preise ab. Den Film trägt ein Ensemble aus bekannten Theaterschauspieler*innen, die an den ersten Häusern engagiert sind (Aenne Schwarz Burgtheater, Tilo Nest und Andreas Döhler Berliner Ensemble, Hans Löw mit regelmäßigen Engagements z.B. am Deutschen Theater Berlin) und die unaufgeregte Erzählweise überzeugend beherrschen.

Eine Schlüsselszene des Films ist, als Janne, Martin und Robert gemeinsam im Zuschauerraum bei einer „Nora“-Premiere am Münchner Residenztheater sitzen. In Großaufnahme zeigt die Kamera, wie alle drei unterschiedliche Ausweichstrategien haben und ihre Unsicherheit überspielen.

„Alles ist gut“ startete am 27. September 2018 in den deutschen Kinos.

Bilder: ©TRIMAFILM

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