Homophobie im Fußball: ein düsteres Thema, das der DFB und die Vereins-Verantwortlichen gerne mit ein paar wolkigen Absichtserklärungen bemänteln. Aus Angst vor Schmährufen von Hooligans und sogenannten Fans, aber auch vor den Reaktionen von Sponsoren traut sich kein aktiver Bundesliga- oder gar Nationalspieler ein Coming-out zu. Ein erstes Schlaglicht auf das gern verdrängte, von zahlreichen Spekulationen im Netz und an den Stammtischen umrankte Thema warf Marcus Urban, ein ehemaliger Oberliga-Spieler von Rot-Weiß Erfurt, der über den enormen Druck, sich verstecken zu müssen, in zahlreichen Interviews und Talkshows berichtete und gestern auch bei der Berlin-Premiere im Kino International dabei war. Die breite Öffentlichkeit befasste sich mit dem Thema nur kurzzeitig, als Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger sein Coming-out mit einem mehrseitigen ZEIT-Dossier im Januar 2014 hatte. Seitdem ist es wieder sehr still um dieses Thema geworden.
Der Schweizer Regisseur Marcel Gisler berichtete, dass ihm bei der Akquise von Fördergeldern mehrmals abwinkend gesagt worden sei, zum Thema Homosexualität im Fußball seien schon einige Projekte in der Pipeline. Bisher steht sein Film „Mario“, der schon im Januar 2018 bei den Solothurner Filmtagen Premiere feierte und am 18. Oktober 2018 in den deutschen Kinos startet, allein auf weiter Flur. „Mario“ ist aber nicht nur als Pionierarbeit bemerkenswert, sondern auch ein gelungener Film.
Aus der fiktiven, aber sehr authentisch erzählten Geschichte der U21-Spieler Mario (Max Hubacher) und Leon (Aaron Altaras), die sich nach anfänglichem Fremdeln ineinander verlieben, von Beratern und Vereinsmanagern gezwungen werden, ihre Liebe zu verstecken, und von Mitspielern nicht nur gemobbt, sondern auch erpresst werden, hätte ein schwermütiger, klassischer Problemfilm werden können. Dem Regisseur Marcel Gisler glückte aber die richtige Balance aus eindringlichen Szenen, die den Druck nachempfinden lassen, der auf den beiden Protagonisten lastet, und Momenten der Leichtigkeit, die das Drama auflockern.
Vor allem überzeugt „Mario“ mit zwei starken Hauptdarstellern: Max Hubacher wurde für seine Titelrolle als Mario, der sich für den Fußball entscheidet und eine langjährige platonische Freundin als seine Spielerfrau ausgibt, bereits mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet. Nach dem Kriegsdrama „Der Hauptmann“ ist er schon zum zweiten Mal in diesem Kinojahr im Zentrum eines Films zu erleben.
Als sein Partner Leon, der das Mobbing nicht mehr erträgt und den Traum, Profifußballer zu werden, aufgibt, überzeugt Aaron Altaras, Sohn des Künstler-Paares Adriana Altaras und Wolfgang Böhmer. Preiswürdig ist auch die Darstellerin der wichtigsten Nebenrolle Jenny: sie entspricht gar nicht dem Stereotyp der Spielerfrau im Barbie-Look, die den Fußball-Profis von professionellen Agenturen vermittelt wird, wie Gisler seine Recherchen im Nachgespräch zusammenfasste. Sie hält zu Mario, auch wenn sie sehr darunter leidet, für die Homestoy in Glamour-Magazinen gute Miene zum falschen Spiel machen zu müssen. Jessy Moravec wurde mit einem Schweizer Filmpreis für die Beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.
Übersicht der Start-Termine von „Mario“
Bilder: © PRO-FUN MEDIA