Beim Sex mit seiner Frau wird einer der Fabrikarbeiter aus seinem Bett klingelt: die Belegschaft ist alarmiert, dass mitten in der Nacht LKWs vorfahren und in schweren Containern ihre Maschinen abtransportieren. Am nächsten Morgen halten smarte Unternehmensberater*innen á la McKinsey Einzug, die blumig von Umstrukturierungen schwadronieren. Den Arbeitern ist klar: ihr Job soll wegrationalisiert und die Produktion an einen billigeren Standort ausgelagert werden. Die Belegschaft wird zu Einzelgesprächen ins Büro gebeten und gegeneinander ausgespielt. Die unterschiedlich hohen Abfindungs-Summen, die kursieren, schüren Neid und Missgunst. Gerüchte machen die Runde, wer sich dem Druck gebeugt hat.
In matten, verwaschenen Bildern beginnt „A fábrica de nada“ (internationaler Verleih-Titel: „The Nothing Factory“) als Sozialdrama aus dem krisengeschüttelten Südeuropa. Die Finanz- und Eurokrise haben tiefe Spuren und eine hohe (Jugend-) Arbeitslosigkeit hinterlassen. Auch für das Kinopublikum wird die Ohnmacht der Arbeiter quälend spürbar. Die Erzählhandlung kommt fast völlig zum Stillstand, eine bleierne Schwere liegt über den langen Einstellungen, in denen fast nichts passiert.
Der Widerstandsgeist, der zu kurzen, heftigen Wortgefechten führt und schnell wieder verpufft, setzt sich schließlich doch durch. Die Aktivisten, die zum Streik mobilisieren, behalten gegen die Bedenkenträger die Oberhand. Das Unerwartete geschieht: die Berater*innen-Clique und die Eigentümer ziehen einfach ab und überlassen Fabrik und Belegschaft ihrem Schicksal.
Wie kann Selbstverwaltung funktionieren? Gibt es innerhalb des kapitalistischen Systems überhaupt Freiräume für linke, genossenschaftliche Gegenentwürfe? Skeptiker und Optimisten ringen wortreich miteinander. Mitten hinein platzt ein Anruf aus Argentinien über einen Großauftrag: Die bleierne Schwere weicht einer anarchischen Explosion der Gefühle. Die Musical-Szene der sich selbst feiernden Belegschaft gehört zu den skurrilsten Momenten der vergangenen Kinojahre.
Pedro Pinho schert sich in seinem mit fast drei Stunden überlangen Film nicht um die Konventionen des Mainstream-Kinos. Sein politisch engagiertes, mit den Genres spielendes Spielfilm-Debüt zielt auf die Nischen der Off-Programm-Kinos. Es lief im Mai 2017 in Cannes in der Sektion „Quinzaine des realisateurs“ und wurde dort mit einem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet, im Spätherbst 2017 gastierte der Film beim „Around the World in 14 films“-Festival in Berlin. Erst fast ein Jahr später bekam „A fábrica de nada“ am 18. Oktober 2018 auch einen Kinostart.
Bilder: Grandfilm