Burning

Selbst für das asiatische Kino ist die Langsamkeit bemerkenswert, mit der Lee Chang-dong seinen Film „Burning“ erzählt. Inspiriert von Haruki Murakamis Kurzgeschichte „Barn Burning“ (1993 im Band „The Elephant Vanishes“ erschienen) erzählt er in seinem 2,5stündigen Epos eine Dreiecksgeschichte aus Seoul.

Über weite Strecken ist der Film vor allem eine interessante Sozial-Studie über die schroffen Klassengegensätze: Hier der schüchterne Bauernjunge Lee (Ah-in Yoo), der sich allein durchs Leben schlagen muss, seitdem die Mutter vor dem jähzornigen Vater geflohen ist und jener ständige Probleme mit der Justiz hat. Dort der neureiche Ben (Steven Yeun) mit standesgemäßem Luxus-Apartment in Gangnam und spöttisch-überlegenem Grinsen. Bindeglied zwischen den beiden ist die launenhafte, schwer zu fassende Shin (Jong-seo Yun).

In der letzten Stunde ist Shin plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Es wird angedeutet, dass es in Südkorea häufiger vorkommt, dass Jugendliche abtauchen, wenn das Limit ihrer Kreditkarte überzogen ist. Während Lee ihr nachtrauert und hilflos nach irgendeiner Spur sucht, hat Ben längst mit ihr abgeschlossen. In der letzten Stunde wandelt sich „Burning“ von der Gesellschafts-Studie zum Mystery-Noir mit blutigem Finale. Nur das Erzähltempo bleibt konstant gemächlich.

Mit ähnlicher Geschwindigkeit verfolgt Regisseur Lee Chang-dong mittlerweile auch seine Karriere: 2003/04 war er einige Monate Kulturminister in Südkorea, auf den großen internationalen Festivals war er sowohl als Jury-Mitglied als auch mit seinen Filmen präsent. Seit „Poetry“ (Bestes Drehbuch 2010 in Cannes) war es still um ihn geworden. Erst 2018 meldete er sich mit „Burning“ zurück, erreichte dort einen Rekordwert im „Screen“-Kritikerspiegel und wurde mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet. Südkorea nominierte ihn als Oscar-Kandidat für den besten fremdsprachigen Film 2019.

Bisher hat „Burning“ noch keinen deutschen Kinoverleih, ist aber beim „Around the world in 14 films“-Festival noch mal am 30. November zu sehen.

Bild: © Pinehousefilm 2018

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