The Favourite – Intrigen und Irrsinn

Ein bitterböses, lesbisches, macchiavellistisches Barock-Kammerspiel läutet das Abschluss-Wochenende des „Around the World in 14 films“-Festivals ein.

Der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos bleibt sich treu, blickt auch diesmal tief in die menschlichen Abgründe und freut sich sichtlich über kleine, schmutzige Details, die er perfekt in Szene setzt. Ein Beispiel ist das Taubenschießen, bei dem sich Sarah (Rachel Weisz) und Abigail (Emma Stone) duellieren. Natürlich zielt Abigail genau so, dass das Blut der abstürzenden Taube auf ihre Rivalin spritzt und ihr ganzes Gesicht verschmiert ist.

In den knapp zwei Stunden passiert formal nicht all zu viel, umso härter wird der Kampf um die Gunst der derangierten Königin Anne (Olivia Colman) ausgetragen. Sarah und Abigail kämpfen mit allen Bandagen: von scheinbar beiläufig hingeworfenen kleinen Bemerkungen, die die Rivalin bei der Queen in schlechtem Licht erscheinen lassen, über das Abfangen von Briefen und Schmieden von Koalitionen mit den Männern, die diesem Frauen-Trio allesamt nicht gewachsen sind, bis hin zu Giftmordanschlägen packen Sarah und Abigail alles aus, was der Instrumentenkasten skrupelloser Intrigen zu bieten hat.

Weisz und Stone spielen hervorragend, der Silberne Löwe für die beste Hauptdarstellerin ging beim Festival in Venedig 2018 dennoch an Olivia Colman. Trotz ihrer von Gicht geplagten Hinfälligkeit und obwohl sie den Staatsgeschäften intellektuell nicht gewachsen ist, versteht diese Queen Anne es, ihre Rolle als Spinne im Intrigennetz zu genießen. Die beiden jungen, hübschen Frauen wetteifern darum, ihr mit sexuellen Dienstleistungen gefällig zu sein. Das sind die Momente, in denen bei einer lethargischen Königin, der alles egal zu sein scheint, noch mal ein Funken Lebendigkeit hervorspringt. Mit kindlicher Freude lässt sie sich im Rollstuhl durch die dunklen, langen Gänge ihres Palastes schieben, während der Soundtrack in opulenten Barock-Klängen schwelgt.

Lanthimos, der für „The Favourite“ den Großen Preis der Jury in Venedig gewann, schrieb erstmals nicht selbst das Drehbuch (Deborah Davis/Tony McNamara) und kam dem Hollywood-Mainstream mit seinem neuesten Werk noch ein Stück näher. „The Favourite“ ist sicher nicht sein subtilster Film und bleibt deutlich hinter seinem Meisterwerk „Dogtooth“ zurück, mit dem er 2009 bekannt wurde. Die Dynamik des Machtkampfs folgt recht simplen und leicht durchschaubaren Gesetzen, ist aber so wirkungsvoll  inszeniert, dass der Film als ein großer Oscar-Favorit gehandelt wurde. Trotz 10 Nominierungen wurde dort aber nur Olivia Colman als beste Hauptdarstellerin prämiert, in den anderen Kategorien erhielten oft schwächere Werke den Vorzug.

Wer die Berlin-Premiere in der Kulturbrauerei verpasst hat, kann „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ bereits ab 24. Januar 2019 im Kino sehen.

Bilder: © 2018 Twentieth Century Fox

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