So unbekümmert, wie Islands Fußballer und ihre „Hu“-Fanchöre die EM 2016 aufmischten, sorgten Regisseur Benedikt Erlingsson und seine Hauptdarstellerin Halldóra Geirharðsdóttir auch in diesem Kinojahr für Furore.
„Gegen den Strom“ war schon einer der Publikumslieblinge in Cannes bei der Semaine de la Critique im Mai 2018 und durfte im Oktober das Filmfest Hamburg eröffnen. Mit seinem Witz und Ideenreichtum passt er in keine Schublade. Am ehesten lässt sich „Gegen den Strom“ (internationaler Verleihtitel: „Woman at War“) als Öko-Thriller mit komischen, surreal-märchenhaften Momenten beschreiben.
Im Mittelpunkt steht Halla, eine Frau, die ganz friedlich und bieder wirkt. Wie faustdick sie es hinter den Ohren hat und zu welch krimineller Energie sie fähig ist, würde man gar nicht vermuten, wenn man sie freundlich grüßend durch ihr Dorf radeln oder ihren Chor leiten sieht. Doch diese Frau hat eine Mission: Angestachelt von einem Maulwurf in einem Ministerium möchte sie den Raubbau an der Natur und neue Schwerindustrie-Deals mit China verhindern, die von der Regierung gerade eingefädelt werden. Deswegen legt sie als mysteriöse „Bergfrau“ regelmäßig Strommasten lahm und sorgt dafür, dass die Versorgung zusammen bricht.
Der Plot des Films ist ein Katz- und Maus-Spiel durch die zerklüftete isländische Landschaft voller skurriler Wendungen. Im Gedächtnis bleibt vor allem ihre David-gegen-Goliath-Aktion, als Halla eine Drohne, die sie nach einer erneuten Aktion geortet hat, mit der Armbrust abschießt.
Leitmotivisch schieben sich zwei musikalische Trios in die Szenen: drei Männer mit Akkordeon, Tuba und Schlagzeug sowie drei Frauen in traditioneller ukrainischer Tracht treten unvermittelt auf und kommentieren wie ein antiker Chor die Filmhandlung. Ein weiterer Running-Gag ist der unschuldige Latino-Tourist, der immer zur falschen Zeit am falschen Ort ist und von der rassistischen Polizei als Hauptverdächtige wiederholt festgesetzt wird.
Zur Komödie wird „Gegen den Strom“ durch das raffinierte Zusammenspiel von Halla mit ihrer Zwillingsschwester, der Yogalehrerin Asa, die Halldóra Geirharðsdóttir in einer Doppelrolle verkörpert.
Nach seinem Debütfilm „Von Menschen und Pferden“ gelang Benedikt Erlingsson erneut ein sehenswerter Film, der von Island für die Oscar-Kategorie „Bester Fremdsprachiger Film“ nominiert wurde und am 13. Dezember 2018 als ein Highlight des Kinojahres startete.
Bilder: Pandora Verleih