Jessica forever und Monos

Am Donnerstag Abend programmierte das Panorama-Team der Berlinale zwei Filme, die mit starken Bildern von paramilitärischen, testosterongetränkten Kampfverbänden erzählen.

„Jessica forever“ und „Monos“ erzählen aus verschiedenen Blickwinkeln über die Herausforderung, diese tickenden Zeitbomben toxischer Männlichkeit in die Gesellschaft zu integrieren.

Alejandro Landes siedelt seinen Film „Monos“ im jahrzehntelang schwelenden Bürgerkrieg in Kolumbien an. In einer abgelegenen Bergregion hat sich eine paramilitärische Einheit verschanzt: sie werden gedrillt, posen mit ihren nackten, muskulösen Oberkörpern, und haben die Aufgabe, eine mysteriöse Geisel, die alle nur Doctora nennen (Juliane Nicholson) zu bewachen.

Die halbwüchsigen Krieger scheitern kläglich, stürzen von einer Panne in die nächste und ziehen sich schließlich in den Dschungel zurück. Statt einer eingeschworenen Kampfformation, wie sie von den sich über Funkkontakt einmischenden Anführern verlangt ist, zerfällt die Gruppe in einen Kampf jeder gegen jeden.

Der Film ist als tief pessimistischer Kommentar zu den aktuellen Friedensbemühungen in Kolumbien gedacht: 2016 schloss der damalige Präsident Manuel dos Santos ein historisches Abkommen mit der FARC-Guerilla und bekam dafür den Friedensnobelpreis. Der Weg zum Frieden bleibt steinig, die Entwaffnung und Reintegration der Rebellen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung.

Die tagespolitische Dimension schwingt in „Monos“ immer im Hintergrund mit. Regisseur und Drehbuchautor Landes spielt darüber hinaus mit vielen klassischen literarischen Motiven wie Goldings „Herr der Fliegen“ oder Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ und betritt dabei oft recht ausgetretene Pfade.

Einen ganz anderen Ansatz wählte das französische Regie-Duo Caroline Poggi/Jonathan Vinel. Ihr deutlich von der Video Games-Ästhetik inspirierter Film spielt in einer nicht näher definierten, dystopischen Zukunft. Eine Gruppe von Waisen hat sich am Rand der Gesellschaft zusammengefunden und wird von Drohnen gejagt. Als Ausgestoßene nehmen sie sich gewaltsam, was ihnen verwehrt ist, und besetzen Villen.

Das klingt nach einem Thriller, entpuppt sich aber als kontemplativer Film, der eine Hymne auf Liebe, Solidarität und Freundschaft anstimmt. Die trainierten jungen Männer (u.a. Sebastian Urzendowsky als Michael) scharen sich um die Titelfigur Jessica (Aomi Muyock), die wie eine mütterliche Schutzheilige für sie sorgt. Sie bleibt ähnlich mysteriös wie die „Doctora“, die weibliche Hauptfigur in „Monos“.

Gemeinsam ist beiden Panorama-Spielfilmen, dass sie visuell deutlich stärker sind als dramaturgisch, dass es aber vielversprechende Werke von Nachwuchskünstlern sind. Beim Kolumbianer Landes ist es der dritte Spielfilm, bei den beiden Franzosen ihr Debüt nach mehreren Kurzfilmen.

Vorschaubild aus „Jessica Forever“: © Ecce films – ARTE France Cinéma – 2018; 2. Bild aus „Monos“


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