Mit beeindruckenden Laiendarstellern verfilmte Claudio Giovannesi den dokumentarischen Mafia-Roman „La paranza dei bambini“ (2016) des Star-Autors Roberto Saviano, der im vergangenen Jahr unter dem Titel „Der Clan der Kinder“ auf dem deutschen Markt erschien.
Eine Clique von 15jährigen weiß zu Beginn des Films nicht so recht, wo sie mit ihrer überschüssigen pubertären Energie hin sollen. Sie posen gelangweilt vor dem Spiegel, zündeln auf der Straße und möchten vor allem eins: Sie möchten die Mädchen beeindrucken und sich in der Konsumgesellschaft möglichst viel Luxus leisten können. Die teuren Sneaker aus der Werbung sind für die Jungs aus dem neapolitanischen Stadtteil Sanità unerschwinglich, vor den angesagten Clubs weist sie der Türsteher ab.
So schlittern die Teenager fast zwangsläufig in die örtlichen Mafia-Strukturen hinein. Eine scheinbare Win-Win-Situation: die Anführer können junges, loyales Personal für einfache Arbeiten rekrutieren, die jungen Männer verdienen sich als Drogendealer vor der Uni oder als Schutzgeld-Eintreiber auf dem Straßenmarkt die nötige Kohle, um sich ihre Träume zu verdienen.
Saviano, der am Drehbuch seiner Roman-Adaption mitschrieb, zeigt, wie die Jugendlichen in die Gewaltspirale hineingezogen werden. Berauscht vom schnell verdienten Geld und dem wachsenden Einfluss wollen die jungen Männer um Nicola (der beeindruckende Hauptdarsteller Francesco di Napoli) die Strukturen aufbrechen: Sie wollen noch mehr vom Kuchen und kommen den Altvorderen im komplizierten Gefüge der Clans auch dadurch in die Quere, dass sie auf Schutzgelderpressungen bei den kleinen Ladenbesitzern verzichten möchten.
Der zweite Teil des Films konzentriert sich auf die Machtkämpfe. Die Jugendlichen werden zu „Piranhas“ (so der internationale Titel), bereits sich gegenseitig zu zerfleischen.
Claudio Giovannesi erzählt sehr realistisch und recht konventionell. Sein knapp zweistündiger Film ist fast zwangsläufig nicht so überbordend und komplex wie die hervorragende „Gomorrha“-Serie, bei der Giovannesi in einigen Episoden Regie führte.
Da „La paranza dei bambini“ dennoch zu den stärkeren Filmen des Berlinale-Wettbewerbs 2019 gehört, ist der Silberne Bär für das Beste Drehbuch (neben Regisseur Giovannesi und Saviano war auch Maurizio Braucci ein Co-Autor) eine nachvollziehbare Jury-Entscheidung.
Bilder: © Palomar 2018