Hamlet

Es ist etwas faul im Staate Dänemark. Das macht Barbara Frey in ihrer „Hamlet“-Inszenierung überdeutlich, mit der sie ihre letzte Spielzeit als Intendantin des Schauspielhaus Zürich im September 2018 eröffnet hat. Zombiehaft und mit bleichen Gesichtern schleichen die Figuren durch das Halbdunkel des Königshofs. Die Wand der Pfauen-Bühne wurde einige Meter weiter vorne als Attrappe nachgebaut, so dass die Atmosphäre auf Schloss Helsingör noch klaustrophobischer wird.

Bleierne Düsternis liegt über der Szenerie, Entschleunigung ist das Grundprinzip dieses Abends, der gefühlt wesentlich länger als 135 Minuten dauert.

Bemerkenswert machen diese „Hamlet“-Inszenierung drei Faktoren, die aus der monotonen Melancholie herausstechen: Zu allererst ist hier der Hauptdarsteller zu nennen. Jan Bülow, ein 22jähriger Absolvent der Berliner HfS Ernst Busch, wurde direkt von der Schauspielschule engagiert und trägt diesen Abend mit aufgerissenen, ungläubig ins Leere starrenden Augen und linkischen Bewegungen. Aus einem verzweifelten, sein Gesicht in den Händen vergrabenden Zauderer wird ein fiebriger, in den Wahnsinn abgleitender Amokläufer.

Ein zweites Plus dieser Aufführung sind Gesangssoli von Inga Busch, die als Gertrud ihren Sohn Hamlet mit „Nothing´s gonna hurt you Baby“ trösten und zur Besinnung bringen möchte, oder von Jan Bülow, der dem gesamten Hofstaat mit einer stark gekürzten Fassung von „Fuckers“ den Krieg erklärt. Sie werden vom spanischen Pianisten Iñigo Giner Miranda live aus dem Bühnen-Hintergrund begleitet.

Sahnehäubchen der Inszenierung ist schließlich der finale Fechtkampf zwischen Hamlet und Laertes (Benito Bause), den Klaus Figge als eindrucksvollen Schlagabtausch über fünf Runden choreographiert hat.

Der Rest ist zwar nicht Schweigen, aber bleierne Düsternis.

Bild: Matthias Horn

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