Mega Israel

Eric Gauthier, künstlerischer Leiter der Dance Company im Theaterhaus Stuttgart, komponierte drei Werke israelischer Star-Choreographen klug zu einem eindrucksvollen Abend.

Den Auftakt machte „Uprising“, eine der frühen Arbeiten von Hofesh Shechter, der als Rockstar der Tanzszene gefeiert wird und Stammgast bei Berliner Festivals ist. Diese Choreographie, die im Juni 2006 am Robert Howard Dance Theatre in London uraufgeführt wurde, bietet schon alles, was Hofesh Shechter auszeichnet: Dynamisch vorantreibende, hämmernde Beats, sich in Knäueln am Boden wälzende und raufende Tänzer und auch der ironischen Witz, mit dem diese ganze Inszenierung subtil gebrochen wird. „Uprising“ ist mit seiner fünfköpfigen Männer-Riege, die sich aneinander abarbeiten, ein starker, wuchtiger Auftakt für dieses Berliner Gastspiel.

Als zweites Stück setzte Gauthier eine reine Frauen-Truppe dagegen: In „Killer Pig“ von Gai Behar und Sharon Eyal, die erst vor kurzem eine neue Choreographie für das Berliner Staatsballett entwickelte, kämpfen sechs Amazonen in pinken Ganzkörperanzügen. Das Werk, das 2009 in Oslo uraufgeführt wurde, kontrastiert klassische Ballett-Figuren mit der Welt der Raves und Clubs, in der Musikproduzent Gai Behar zuhause ist.

Zum Erlebnis wird „Mega Israel“ vor allem durch das Meisterwerk „Minus 16“ nach der Pause. Die ikonische Arbeit von „Mr. Gaga“ Ohad Naharin, die er 1999 für das Nederlands Dans Theater in Den Haag entwickelte, hat nichts von ihrer Frische verloren. Die Präzision, mit der die Tänzer*innen zum hebräischen Volkslied „Echad Mi Yodea“ aus ihren ekstatisch und im Schmerz zappelnden Körpern eine Welle formen, die immer wieder zur Ruhe in die Grundposition zurückfindet, bevor sie neu aufbrandet, ist der Höhepunkt dieses Abends.

Passend zu diesem sehr unterhaltsamen Tanz-Fest strömen die Akteur*innen am Ende ins Publikum und fordern einige Besucher*innen auf, mit ihnen auf der Bühne zu feiern. Zum eigentlichen Star dieses Abends wird somit die ältere Dame, die beeindruckend gelenkig ihr Duett mit dem Profi aus der Gauthier Dance Company im Scheinwerferlicht auf der Bühne der Berliner Festspiele tanzt.

Schon nach der Premiere der „Mega Israel“-Kompilation, die im Juli 2017 das Colours-Festival in Stuttgart eröffnete, war das Presse-Echo durchweg positiv. Auch in Berlin ist die Produktion einer der Höhepunkte des Tanzjahres: nach der ersten von leider nur vier Gastspiel-Aufführungen ernteten die Tänzer*innen zurecht begeisterten Applaus.

Bilder: Regina Brocke

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